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Kurz-Essay

 
Stephen Hawking – Zum Tod eines wissenschaftlichen Popstars
Von Lars Jaeger

Die Physiker-Zunft trauert um Stephen Hawking, einer ihrer größten Geister. Ein Leben, welches inmitten der tiefsten Krise des 20. Jahrhunderts seinen Anfang nahm und an intellektuellen Höhen und körperlichem Leiden wohl kaum zu übertreffen ist, hat sein Ende gefunden. Stephen Hawking war der Popstar der gegenwärtigen Physik. In dieser Rolle trat er in die Fußstapfen der beiden größten wissenschaftlichen Popstars der Geschichte, Albert Einstein und Isaac Newton. Spätestens mit der Veröffentlichung seines populärwissenschaftlichen Buchs Eine kurze Geschichte der Zeit im Jahr 1988 wurde er zum berühmtesten Wissenschaftler unserer Zeit, dem zuletzt sogar die Ehre zweier Filme zuteilwurde. Sein Buch verkaufte sich mehr als 10 Millionen Mal und ist bis heute eines der meistverkauften populärwissenschaftlichen Bücher überhaupt. Zuweilen wird es auch als das „populärste ungelesene Buch“ überhaupt bezeichnet („the most popular book never read“).

Hawkings wissenschaftlichen Leistungen bauten stark auf die Theorien Albert Einsteins auf. Es war die wohl dramatischste Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie, die es Hawking seit den frühen Jahren seiner wissenschaftlichen Karriere angetan hatte: Schwarze Löcher. Bereits kurz nachdem Albert Einstein im November 1915 die Grundgleichungen seiner neuen Gravitationstheorie formuliert hatte, hatten die Physiker begriffen, dass aus seiner neuen Theorie eine recht dramatische Konsequenz folgte. Betrachtet man die Lösung der Einstein-Gleichungen für das Gravitationsfeld einer punktförmigen Masse, so ist die Gravitationskraft bzw. die Krümmung der Raum-Zeit in unmittelbarer Nähe dieser Masse derartig groß, dass selbst Licht nicht mehr entweichen kann. Die Raum-Zeit in diesem Punkt besitzt das, was Physiker eine „Singularität“ nennen. Das bedeutet nichts anderes, als dass an dieser Stelle Raum und Zeit zu existieren aufhören. Allerdings ist die notwendige Materiedichte eines derartigen Gebildes so groß (sie entspricht der Masse der Erde in einer Kugel mit einem Radius von 9 mm), dass Einstein und seine Kollegen mit einer solchen Lösung nichts anzufangen wussten. Der Begriff „Schwarzes Loch“ für ein solches Gebilde kam daher erst ca. 50 Jahre später auf.

Der junge Stephan Hawking gehörte zu einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die sich ab Mitte der 1960er Jahre den Eigenschaften und Details dieser exotischen Lösungen der Einstein-Gleichungen mit neuem Elan zuwandten. Ende der 1960er Jahre konnte er zusammen mit seinem Mentor und Kollegen Roger Penrose beweisen, dass die Singularitäten keine Artefakte als Folge falscher theoretischer Annahmen bei der Lösung der Einstein-Gleichungen sind, wie von vielen Physikern vermutet, sondern eine direkte Folge der anziehenden Natur der Gravitation selbst (es ist dies das so genannte Singularitäten-Theorem). Schwarze Löcher sollten daher bei ausreichend hoher Massenkonzentration tatsächlich existieren. Kurz darauf lieferten Hawking und Penrose einen mathematischen Beleg dafür, dass das Universum aus einem Urknall entstanden ist. Ihre Begründung: Die Mathematik der Singularität in einem Schwarzen Loch und diejenige beim Anfang des Universums ist die gleiche. Damit lieferten Hawking und Penrose eine erste bedeutende mathematische Stütze für die heute allseits akzeptierte Urknalltheorie. Es war dies zugleich der Startschuss für die Kosmologie als Wissenschaft.

1974 folgte Hawkings berühmteste Arbeit, die ihm den Ruf eines Genies einbringen sollte. Zur Überraschung seiner Physiker-Kollegen konnte er zeigen, dass Schwarze Löcher Materie und Energie nicht unwiederbringlich verschlucken, sondern dass sie ihrerseits Strahlung aussenden. Somit verdampft ein Schwarzes Loch langsam, bis es irgendwann verschwindet, mitsamt allem, was hineingefallen ist. Dies betrifft auch jegliche Information, die es je verschluckt hat. Das widerspricht jedoch den Gesetzen der Quantentheorie, nach denen Information nicht unwiederbringlich verloren gehen kann. Hawking war von seiner Schlussfolgerung derart überzeugt, dass er forderte, die etablierte und experimentell bisher in jedem noch so kleinen Detail bestätigte Quantenfeldtheorie entsprechend abzuändern.

Die Angelegenheit führt uns tief in die Problemstruktur der heutigen theoretischen Physik. Hawking erkannte, dass wir, um schwarze Löcher zu beschreiben, nicht darum herumkommen, neben der Relativitätstheorie und Quantentheorie eine dritte wesentliche Theorie der heutigen Physik herbeizuziehen, die Thermodynamik. In ihr verfügt jedes physikalische System über eine so genannte Entropie, ein Maß für die darin enthaltene Unordnung, oder äquivalent seine Information. Gemäß Hawking sollte auch einem schwarzen Loch ein solches Maß zukommen. Lässt sich aber einem schwarzen Loch Entropie zuordnen, so müsste es dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gehorchen, nach dem die Entropie in einem (geschlossenen) System niemals sinken kann, geschweige denn verschwinden. Gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie wäre ein Schwarzes Loch jedoch ein Entropie- (oder analog Informations-) Vernichter. Das Dilemma, vor welchem die theoretischen Physiker stehen, lässt sich also wie folgt auf den Punkt bringen: Entweder sie lassen den Verlust der Information (oder Entropie) zu und müssen die Quantentheorie und Thermodynamik entsprechend modifizieren, oder sie lassen Information aus Schwarzen Löchern entkommen, was einer Ergänzung der allgemeinen Relativitätstheorie bedarf.

Die Strahlung Schwarzer Löcher erhielt Hawking zu Ehren den Namen Hawking-Strahlung. Was seine Einsicht besonders macht: Hawking gewann sie unter Berufung auf die Quantentheorie. Er war damit der erste, der eine astrophysikalische Theorie aufstellte, die Quantentheorie und allgemeine Relativitätstheorie kombinierte. Bis heute ist es der Traum der Physiker, diese beiden fundamentalen, aber inkompatiblen Theorien der Natur, die Quantenfeldtheorie und die allgemeine Relativitätstheorie, zu einer Theorie der „Quantengravitation“ zu vereinen. Wie Einstein 50 Jahre vor ihm suchte Hawking Zeit seines Lebens nach einem Weg zu einer solchen vereinheitlichenden Theorie, einer so genannten „Theorie von Allem“ („Theory of Everything“). Doch wie seinem großen Vorgänger war ihm dabei kein Erfolg gegönnt.

In den 1980er Jahren, von seiner Krankheit körperlich gezeichnet, suchte er nach einem besonderen Weg zu einer Theorie der Quantengravitation und allgemeinen Kosmologie. Dafür wandte er eine komplexe mathematische Methode aus der Quantenfeldtheorie auf die Relativitätstheorie an, die sogenannte euklidische Pfadintegralformulierung. Wie er in seinem Buch Eine kurze Geschichte der Zeit erklärt, muss man dafür eine imaginäre Zeitvariable einführen, ein Trick, der in der Quantentheorie und Thermodynamik Wick-Rotation genannt wird. Damit ließ sich der Anfang des Universums mathematisch beschreiben. Veranschaulichen lässt sich dies mit einer Kugel wie der Erdoberfläche, deren zeitlicher „Anfang“ der Nordpol ist. Eine Kugelfläche hat keinen Rand, auf ihr gibt es keine natürliche Begrenzung. Wege auf ihr sind geschlossen oder endlos. Bezogen auf die zeitliche Dimension bedeutet dies: Es gibt keinen Anfang und kein Ende. Analog ist auch das Universum in sich geschlossen. Es begann nach dieser "Kein-Rand-Hypothese" spontan aus dem Nichts. Hawking meinte: „Die Frage, was vor dem Urknall war, ist genauso wie jene, was eine Meile nördlich des Nordpols liegt.“ Er war überzeugt: Die „Kein-Rand-Bedingung“ ist der Schlüssel zur Schöpfung, zur Antwort auf die Frage, warum wir hier sind. Hawkings Konzept hätte bedeutende Konsequenzen für unser Weltbild. Er selbst formulierte diese wie folgt:

„Wenn das Universum einen Anfang hatte, können wir von der Annahme ausgehen, dass es durch einen Schöpfer geschaffen worden sei. Doch wenn das Universum wirklich völlig in sich selbst abgeschlossen ist, wenn es wirklich keine Grenze und keinen Rand hat, dann hätte es auch weder einen Anfang noch ein Ende; es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer?“

Im Jahr 2004, er konnte schon nicht mehr sprechen, erkannte Hawking eine Eigenschaft Schwarzer Löcher an, die seinen Arbeiten von 30 Jahren zuvor widersprach: In ihnen geht keine Information verloren. Jegliche Information über Objekte, die ein schwarzes Loch verschluckt, wird irgendwann in einer veränderten Form wieder ausgespuckt. Diese Einsicht beruhte auf Eigenschaften der String-Theorie. Und hier gab er sich als fairer Verlierer, denn er hatte 1997 noch mit seinem Kollegen John Preskill gewettet, dass es in einer Quantengravitationstheorie keine Möglichkeit gibt, dass Information erhalten bleibt. Mit seinem Standpunktwechsel löste er auch seine Wettschulden ein, eine Enzyklopädie nach Wahl des Gewinners ("weil Informationen aus dieser Quelle ganz nach Wunsch wiedererlangt werden können").

Auch außerhalb seines Fachgebiets zögerte Hawking nicht, seine Meinung öffentlich zu machen. So sprach er über mögliche Risiken, die die Suche nach außerirdischem Leben für die Menschheit hat, die Notwendigkeit, den Weltraum zu besiedeln, oder darüber, dass künstliche Intelligenz und Roboter den Menschen insgesamt ersetzen könnten. Bezüglich letzterem sagte er:

„Der Erfolg bei der Schaffung einer künstlichen Intelligenz könnte das größte Ereignis in der Geschichte unserer Zivilisation sein. Aber es könnte auch das Letzte sein, wenn wir nicht lernen, Risiken zu vermeiden. Neben den Vorteilen bringt die künstliche Intelligenz auch Gefahren mit sich, wie mächtige autonome Waffen oder neue Wege für die Wenigen, die Vielen zu unterdrücken.“
Durch Hawkings öffentliches Engagement und seine populären Bücher erhielt auch die breitere Öffentlichkeit eine Vorstellung davon, wie verrückt die moderne theoretische Physik klingt und wie erhaben und wunderschön sie zugleich ist. Stephen Hawking hat wie nur sehr wenige Menschen aufgezeigt, dass die hoch abstrakten und mathematischen Einsichten der modernen Astrophysik und Kosmologie zu den schönsten Produkten des menschlichen Geistes gehören. Trotz ihrer Abstraktheit, die den meisten Menschen den Zugang zu ihnen verschließt, prägen sie unser modernes Weltbild wie kaum etwas anderes. Auch hier trifft sich Hawking mit Albert Einstein. Ist es dann wirklich nur ein Zufall, dass sein Todestag genau auf den Geburtstags des grössten Physikers aller Zeiten fällt: Einstein wäre am 14. März 139 Jahre alt geworden.
Mit Stephen Hawking ist ein wahrlich wunderschöner Geist von uns gegangen, der auch dann nicht aufgehört hat sich in den höchsten Sphären des Denken zu bewegen, als der Körper schon nahezu jede Bewegungsfähigkeit verloren hatte.

Lars Jaeger hat Physik, Mathematik, Philosophie und Geschichte studiert und mehrere Jahre in der Quantenphysik sowie Chaostheorie geforscht. Er lebt in der Nähe von Zürich, wo er – als umtriebiger Querdenker – zwei eigene Unternehmen aufgebaut hat, die institutionelle Finanzanleger beraten, und zugleich regelmäßige Blogs zum Thema Wissenschaft und Zeitgeschehen unterhält. Überdies unterrichtet er unter anderem an der European Business School im Rheingau. Die Begeisterung für die Naturwissenschaften und die Philosophie hat ihn nie losgelassen. Sein Denken und Schreiben kreist immer wieder um die Einflüsse der Naturwissenschaften auf unser Denken und Leben. Seine letzten Bücher „Die Naturwissenschaften. Eine Biographie“ (2015) und „Wissenschaft und Spiritualität“ (2016) sind bei Springer Spektrum erschienen. Im August 2017 erschien sein neustes Buch „Supermacht Wissenschaft“ beim Gütersloher Verlagshaus.
 
 

 
Das galante Hin und Her der Schmeicheleien
Flirten ist keine Rumkriegsführung, sondern ein Spiel. Wie jedes Spiel will es gekonnt sein

Von Christoph Quarch

Gotthold Ephraim Lessing, den man nicht unbedingt als Draufgänger oder Halodri kennt, legte in seiner Emilia Galotti der Mutter der Titelheldin ein denkwürdiges Wort in den Mund. Ihrer Tochter hält sie vor, sie sei die „Sprache der Galanterie zu wenig gewohnt. Eine Höflichkeit wird in ihr zur Empfindung, eine Schmeichelei zur Beteurung, ein Einfall zum Wunsche, ein Wunsch zum Vorsatze. Nichts klingt in dieser Sprache wie alles, und alles ist in ihr so viel als nichts.“ Die Frau hätte auch sagen können: „Du verstehst nicht von der Kunst des Flirtens“. Zur Zeit von Lessing wäre das ein hartes Wort gewesen, lebte er doch in einer Welt, in der das Flirten – damals nannte man es noch Galanterie – durch alle gesellschaftlichen Kreise hindurch in höchstem Ansehen stand. Er war eine Kulturform, die es zu beherrschen galt. Und wer dies nicht tat, machte sich – so wie die arme Emilia – lächerlich. Das ist heute anders geworden. Nicht, weil sich nicht mehr schämen müsste, wer die Kunst des Flirtens nicht beherrscht, sondern weil diese Kunst nicht mehr geübt wird. Es wird nicht mehr geflirtet. Gäbe es so etwas wie ein Museum der menschlichen Umgangsformen: der Flirt hätte darin eine ansehnliche Schauvitrine verdient.

Wer andere anmacht, geht auf Beute aus
Womöglich regt sich Widerspruch: Wird denn nicht überall geflirtet – in Bars und Diskotheken, Kantinen und Hörsälen, Chefetagen und Kaschemmen? Gewiss, es sieht so aus, als werde dort geflirtet. Die Frage aber ist, ob das, was dort geschieht, tatsächlich auch ein Flirt ist: ob dort jene Sprache gesprochen wird, in der „nichts wie alles“ und „alles so viel als nichts klingt.“ Oder ob diejenige Art der Konversation, die dort vollzogen wird, nicht vielmehr das ist, wofür die deutsche Sprache das unschöne Wort „Anmache“ bereithält.

Es wäre nicht wunderlich, denn Anmache liegt voll und ganz im Zeitgeist – was man vom galanten Flirt nicht wirklich sagen kann. Anmache ist ein zweckgerichtetes Handeln. Wer einen anderen Menschen anmacht, will etwas erreichen – will etwas von ihm oder von ihr. Beim Anmachen, geht es um die Beute, das Ergebnis, das konsequent verfolgt wird und das maßgeblich ist für das Gelingen oder das Misslingen dieses Unterfangens. Für die Anmache, nicht für den Flirt, trifft zu, was einst Marcello Mastroianni zu Protokoll gab: „Ein Flirt ohne tiefere Absicht ist ungefähr so sinnvoll wie ein Fahrplan ohne Eisenbahn.“

Verlust der Unbefangenheit
Wenn dieses Wort am Flirt vorbeizielt, was heißt Flirten dann? Die Antwort ist nicht schwer: Flirten ist Spielen, der Flirt ist ein Spiel mit Worten. Und so wie jedes Spiel – da hat Emilias Mutter recht – muss man sich darin üben, um es zu beherrschen oder es gar zur Meisterschaft darin zu bringen. Am wichtigsten dabei ist aber, dass man sich den spielerischen Geist bewahrt. Und eben der droht heute auszusterben: Man spielt nicht mehr mit jener Unbefangenheit, mit der die Menschen noch zu Lessings Zeiten spielten. Man spielt nicht mehr, um sich an seinen Spielen zu ergötzen. Sondern man spielt, um dabei zu gewinnen: den Jackpot, die Trophäe oder eben – bei der Anmache – die Frau oder den Mann, die man begehrt.

Wer bei seinem Handeln aufs Ergebnis, auf den Output oder den Profit starrt, ist aber kein Spieler, sondern ein Geschäftsmann; ein Wolf im Schafspelz, könnte man auch sagen. Es geht ihm nicht darum, mit einem anderen Menschen eine gute Zeit zu verbringen, die sich vollkommen selbst genügt und ihren Wert ausschließlich im Vollzug der Praxis hat. Nein, er will effizient und funktional das avisierte Ziel erreichen. So denkt der Mensch, den man den homo oeconomicus genannt hat – der Menschentypus, der in unserer Welt allgegenwärtig ist. Der homo oeconomicus jedoch ist unfähig zu spielen. Nein, schlimmer noch: Er ist ein Spielverderber. Und deshalb bleibt ihm nur die Anmache. Das Spiel des Flirtens ist ihm verwehrt.

Den Geist heben, die Seele nähren
Anders verhält es sich mit der Art von Mensch, die man den homo ludens nennt: der spielende Mensch. Ihm geht es nicht um den Gewinn, den er am Ende einstreicht, sondern ausschließlich um den guten Spielverlauf. Die Meisterin oder den Meister des Flirtspiels erkennt man darin, dass es ihr oder ihm gelingt, im Wechselspiel der Schmeicheleien eine Atmosphäre zu erzeugen, die den Geist hebt und die Seele nährt. Die Kunst des Flirts lässt sich mit der Musik vergleichen: zwei Spieler stimmen sich improvisierend aufeinander ein, bauen sich aneinander auf, erzeugen eine Spannung, die es ihnen möglich macht, sich leichtfüßig und elegant dem anderen zu zeigen. Und das hat seinen Wert in sich. Da fragt man nicht nach einem Output. Täte man es, der Zauber jenes Spiels würde sofort verfliegen und es bliebe nur ein kaltes, graues Business.

Im 18. Jahrhundert wusste man das noch. La Rochefoucauld traf die Sache recht genau, als er bemerkte, Galanterie bestehe darin, „leere Dinge auf angenehme Weise zu sagen“. Wenn Sie so etwas verwerflich finden, zeigen Sie damit, wie sehr Ihr Geist vom homo oeconomicus besetzt ist. In Wahrheit ist es gar nicht schlimm, auf angenehme Weise leere Dinge zu sagen, wenn denn die leeren Dinge den Menschen eine Freude machen. Und weil es genau darum geht, sind Spiele eine ernste Angelegenheit. Ihr Sinn besteht durch nicht darin, dass das Ich des Spielers den Gewinn einstreicht; sondern dass die Spielenden gemeinsam ihre Seele nähren. Und das ist auch der Sinn des Flirtens.

Verbindlich-unverbindliche Zärtlichkeit
Jedes Spiel hat seine Grenze – räumlich und zeitlich. So auch der Flirt. Wenn er vorbei ist, ist er vorbei. Wer wirklich flirtet, kann den Flirt verlassen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Die Flirtenden teilten eine gute Zeit. Was will man mehr? Der Sinn des Flirts hat sich darin erfüllt. Und darin liegt die Schönheit, die ihm eigen ist: Zwei Menschen kamen sich auf eine spielerische Weise nahe. Vielleicht spielten sie mit dem Feuer, aber es blieb ein Spiel, das einzig dazu diente, einander wohlzutun und das Gegenüber mit Worten zu umschmeicheln. Der Flirt ist eine unverbindliche und dabei doch verbindende Zärtlichkeit, eine heitere Tändelei, die keine Spuren hinterlässt. Wobei man nicht verschweigen sollte, dass Catherin Deneuve nicht falsch lag, als sie sagte: „Ein Flirt ist wie eine Tablette: Niemand kann die Nebenwirkung genau voraussagen.“

Das ist wohl so, doch sollte es niemanden davon abhalten, diese Tablette gelegentlich einzuwerfen und sich dieses Spielvergnügen zu versagen. Nur eines ist dabei wichtig: dass Sie als Flirtender oder Flirtende Ihre Flirtpartner nicht darüber im Unklaren lassen, dass Sie sie eben nicht anzumachen gedenken, sondern einfach eine gute Zeit mit ihnen teilen wollen. Und das kann richtig Freude machen.

Dr. phil. Christoph Quarch ist Philosoph, Autor und Berater. Er lehrt an verschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen, u.a. mit „ZEIT-Reisen“.
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Grenzen
Von Christoph Quarch

Das größte Thema unserer Zeit heißt Grenzen. Wer hätte das gedacht? Wir waren auf dem Weg zur Grenzenlosigkeit, wir fuhren durch Europa ohne Grenzkontrollen, die innerdeutsche Grenze fiel, die Grenze zwischen West und Ost wurde porös. Zugleich begann der Siegeszug des grenzenlosen Marktes: Globalisierung, Welthandel, Finanzströme. Und dann, der vorerst größte Meilenstein auf diesem Weg zur Grenzenlosigkeit, das Internet. Grenzenlos viele Daten, die in Echtzeit über alle Grenzen springen, grenzenlose Freiheit im virtuellen Raum. Sollte ein alter Traum der Menschheit doch noch wahr werden? Ein Leben ohne Grenzen? Ein Traum oder ein Alptraum?

Im alten Griechenland, wo vor 2500 Jahren eine unvergleichliche Kultur erblühte, sah man das Thema Grenze mit ganz anderen Augen. Es war die feste Überzeugung jener Menschen, dass alles Leben Grenzen braucht und dass im Menschenleben Grenzenlosigkeit und Grenze nicht zu trennen sind. Péras und Ápeiron – so die griechischen Worte – bedürfen einander: Die grenzenlose Energie des Lebens braucht die Form, die ihr die Grenze gibt, erklärte Platon in seinem Philebos. Und in den Werken seines Schülers Aristoteles stößt man auf einen echten Horror vorm Unendlichen, der wie ein cantus firmus bei ihm wiederkehrt: Der Kosmos muss einen Anfang haben und das Geldwachstum ein Ende, alles hat ein eigenes Maß, das ihm die Grenze setzt. Sie zu verletzen, führt zu Unheil und Verderben, meinte er.

Im Hintergrund des ursprünglichen Denkens steckte eine tiefe Wahrheit: das Wissen um die Grenze, die der Tod setzt: θνήτα φρονεῖν – Bedenke dass du sterblich bist! Das war ein vielzitiertes Wort. Die Grenze, die der Tod setzt, wurde akzeptiert. Der Mensch verstand sich als ein Sterblicher. Man wusste, dass Unsterblichkeit und Grenzenlosigkeit dem Menschen Wert und Würde rauben. Und man verurteilte das Aufbegehren gegen diese Grenze als maßlos und vermessen: als hýbris.

Was hätte wohl ein Sokrates gedacht, wenn er von dem erfahren hätte, was die Vordenker der IT-Branche uns in Aussicht stellen: die Überwindung der Grenze von organischer und künstlicher Intelligenz, die Überwindung der Grenze des Todes durch Digitalisierung des Gehirns, die Überwindung aller Grenzen durch den Fortschritt der Robotertechnik? Er wäre nicht beglückt darüber, hätte uns gewarnt. Und er hätte uns gefragt, was diese Grenzenüberschreitung mit uns Menschen macht.

Tatsächlich sehen wir inzwischen klar, wohin es führt, wenn Grenzen fallen. Mit ihnen fallen auch Tabus und Werte. Im Internet sind nicht nur quantitativ alle Grenzen überschritten, auch qualitativ – vor allem ethisch und moralisch – werden alle Grenzen eingerissen: Postfaktizität. Und was im Internet geschieht, ereignet sich genauso in der analogen Welt aus Fleisch und Blut: Wo Anstandsgrenzen walteten, herrscht blanke Barbarei. Die grenzenlose Wirtschaft und ihr Traum vom grenzenlosen Fortschritt schaffen eine grenzenlose Umweltkatastrophe. Grenzenlose Fundamentalisten und Politiker erzeugen grenzenlose Flüchtlingsströme, die grenzenloses Elend mit sich bringen. Kein Wunder, dass der Ruf nach Grenzen wieder laut wird! Kein Wunder, dass man Präsident der USA wird, wenn man den Menschen Grenzen zusichert! Kein Wunder, dass die Briten neue alte Grenzen wollen. Die Schere öffnet sich bedrohlich: der Grenzenlosigkeit im digitalen Raum entspricht ein neuer, militanter Ruf nach analogen Grenzen. Doch bringen diese analogen Grenzen die Begrenztheit, die das Leben braucht? Wohl eher nicht – genauso wenig wie die digitale Grenzenlosigkeit uns gut tut.

Was ist zu tun? Wir brauchen Grenzen, die das Leben schützen. Das heißt vor allem, jene Grenzen anzunehmen, die das Leben setzt. Die Grenze meines Lebens ist gezogen durch den schlichten Umstand, dass ich nicht allein bin: dass neben mir noch andere sind, die leben wollen – dass ich ein Teil des großen Kosmos bin, dessen Gesetze mir das Leben möglich machen und mir Grenzen setzen, Grenzen des Wachstums, Grenzen des Lebens, Grenzen der Entfaltung; dass ich zu sterben habe, damit nach mir anderes, neues Leben auf der Erde wandeln kann. Begrenztheit ist der Preis, den wir dafür zu zahlen haben, dass es Vielfalt und damit auch Schönheit gibt. Der Wunsch nach Grenzenlosigkeit ist – recht betrachtet – gar nichts anderes als ein ins Grenzenlose aufgeblähter Egoismus.

Leben braucht Grenzen: das zu akzeptieren ist der erste Schritt zur Rettung. Den Leuten, die uns Grenzenlosigkeit verheißen – sei es im digitalen oder analogen Raum – sollten Sie abschwören. Und Lehren – seien sie wissenschaftlich, philosophisch oder spirituell gewandet –, die Ihnen die Erfüllung in der Grenzenlosigkeit verheißen, sollten Sie tunlichst meiden. Nicht grenzenloses Einerlei ist, was das Leben zur Entfaltung der Lebendigkeit benötigt: sondern es braucht den Respekt vor jenen Grenzen, die das bunte, schöne, vielfältige, bezaubernde Konzert des Kosmos überhaupt erst möglich machen.

Leben braucht Grenzen, und die Kunst des Lebens besteht darin, die begrenzten Wesen so ins Verhältnis zu setzen, dass sie sich zu einem schönen Ganzen fügen – zu stimmigen Ganzheiten, die miteinander und im Wechselspiel Erfüllung finden. Das eben ist das Schöne am Projekt Europa: dass es Grenzen anerkennt und dabei doch auf einer höheren Ebene ein Ganzes ist. Das ist auch das Schöne einer Partnerschaft: dass sie die Grenze anerkennt und liebt, die mir durch einen anderen gezogen ist.

Am Ende ist es eine Aufgabe des Geistes, mit Grenzen – die nun einmal da sind und die wir auch brauchen – richtig umzugehen. Wir brauchen einen Geist, der Grenzen nicht beseitigt, sondern das Begrenzte aneinander bindet. Wir brauchen einen grenzenlosen Geist der Liebe und Verbundenheit. Nur hier ist Grenzenlosigkeit dem Leben dienlich. Allein ein solcher Geist wird dem genügen, was das Leben zur Entfaltung braucht.

Doch nicht nur das. Wir brauchen ferner einen Geist, der Grenzen setzt, – vor allem in der immateriellen, scheinbar nicht den Gesetzen des Lebens unterworfenen digitalen Welt. Nur ein grenzsetzender Geist wird uns vor digitaler, ökonomischer und moralischer Hybris retten, denn nur er wird lebensdienliche Grenzen zu ziehen vermögen: Grenzen, die uns vor der digitalen und moralischen Maßlosigkeit bewahren; Grenzen, die wir dringend brauchen.

Das Grenzenziehen den Populisten und Trumps dieser Welt zu überlassen, wäre fatal. Lassen Sie uns miteinander dafür kämpfen, das Grenzen wiederkehren, die dem Leben dienen – im Denken und Handeln, in Moral und Politik, in Wirtschaft und im Datennetz; Grenzen, die nicht durch Stacheldraht und Mauern markiert sind; Grenzen, die verbinden und nicht trennen.

Dr. phil. Christoph Quarch ist Philosoph, Autor und Berater. Er lehrt anverschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen, u.a. mit „ZEIT-Reisen“.
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Kurz-Essay: Schnelles und langsames Denken
– von Anekdoten und evidenzbasiertem Wissen -

Von Lars Jaeger

Es fällt schwer zu glauben, dass in einem hochentwickelten Land wie Deutschland Kleinkinder an Masern sterben, einer Krankheit, welche gerade für Erwachsene sehr heftig verlaufen kann, für die es jedoch seit Jahrzehnten eine wirksame und im Vergleich zur Infektion selbst nahezu risikolose Impfung gibt. Doch gerade in vermeintlich gebildeteren Schichten grassiert eine ausgeprägte Impfskepsis, welche im Internet eine nahezu unerschöpfliche Nahrung erhält. In unzähligen impfkritischen Foren lassen sich dort sehr persönliche und emotionale Berichte darüber finden, was einzelnen Kindern nach der Immunisierung passiert ist. In den allermeisten Fällen ist hier jedoch nicht von anerkannten Impfschäden die Rede (welche nur sehr selten auftreten), sondern von Pseudo-Zusammenhängen wie erhöhten Allergien, von denen Naturheilpraktiker berichten, wenn sie schildern, dass fast alle Kinder, die zu ihnen kommen, geimpft seien. Dass bei solchen Darstellungen elementare statistische Fehler (wie Ignorieren von Samplebiases und Nicht-Berücksichtigung von bedingten Wahrscheinlichkeitsregeln) gemacht werden, verstehen auch gebildeten Eltern nicht immer (da mehr als 90% der Menschen geimpft sind, ist es nicht erstaunlich, dass auch der allergrösste Teil der Allergiker in diese Gruppe fällt). Zahlreiche seriöse wissenschaftliche Studien haben dagegen gezeigt, dass es keinerlei Zusammenhang zwischen Impfungen und Allergien (oder wie oft auch behauptet wird: zu Autismus) gibt.

Doch geht es nach dem neuen US-Präsidenten Donald Trump, so sollte sich die Impfskepsis leider noch verstärken. So hat er den erklärten Impfskeptiker Robert F. Kennedy Jr. zum Chairman einer Kommission zur „Impfsicherheit und wissenschaftlicher Integrität“ berufen (die Kommentierung dazu verdient einen eigenen, separaten Blogbeitrag).

Nun ist es so, dass menschliche Entscheidungen im Allgemeinen eher von unseren Gefühlen geleitet werden als von Wissen. Geschichten über Einzelschicksale sprechen unsere Emotionen stärker an als Statistiken und wissenschaftliche Studien, welche zumeist nur allzu fade wirken. Dazu kommt, dass wir Wahrscheinlichkeiten im Promille-Bereich oder darunter kognitiv nur schwer verarbeiten können. So gewinnt im öffentlichen Bewusstsein oft die Oberhand, was sich gegenüber harter statistischer, wissenschaftlicher Evidenz als „anekdotische Evidenz“ bezeichnen lässt. Wer von uns hat nicht schon einmal von einem Fall gehört, bei dem homöopathische Mittel gegen ein Leiden gewirkt haben? Die unzählig häufiger auftretenden Fälle, in denen die kleinen Zuckerkügelchen nichts ausgerichtet haben, verschwinden dagegen schnell im Nichts des Vergessens. Führte man darüber Buch, wie oft sich eine Verbesserung eines Krankheitszustandes nach reinem Nichtstun einstellt, so kämen wir auf die gleichen Ergebnisse wie nach der Einnahme von homöopathischen Mitteln. Tatsächlich liegen entsprechende Studien hundertfach vor. Nur sind sie kaum so interessant wie die Geschichte des Freundes, dessen Husten nach Einnahme eines Globulis aufhörte. Oder die einer Freundin, die am Tag, als ihr das Horoskop Glück in der Liebe versprach, den Mann ihres Lebens gefunden zu haben meinte (betrachten wir regelmässig unser Horoskop, so müssten die meisten Menschen an den meisten Tagen ihre grosse Liebe finden).

Dass wir Menschen bei zeitlich korrelierenden Ereignissen schnell in kausalen Kategorien denken, mag unser evolutionäres Erbe sein. Wer das Rascheln von Blättern kausal mit einem Löwen in Verbindung brachte, anstatt mit dem (sehr viel wahrscheinlicheren) Wind, hatte mehr Chance, unser Vorfahr zu werden. Ein Fehlalarm kostete den Menschen nicht viel, ein Löwe jedoch meistens das Leben. Entsprechend verarbeiten wir Informationen heute. Doch oft genug liegen wir mit unseren schnellen, instinkt- und gefühlsgetriebenen Schlüssen falsch, wie uns der Nobelpreisträger Daniel Kahneman in seinem lesenswerten Werk „Schnelles Denken, langsames Denken“ eindrucksvoll darlegt. Gehen wir einer Sache auf den Grund und untersuchen sie in ihren Einzelheiten - Kahneman spricht hier von „langsamem Denken“ - so kommen wir oft zu ganz anderen Schlussfolgerungen.

Solch langsames Denken mit seinen ausführlichen Studien und genauem Analysieren von Phänomenen ist das Wesensmerkmal der Wissenschaft. Dass die mit ihr verbundene Skepsis gegenüber schnellen kausalen Schlussfolgerungen bei rein korrelativen Parallelphänomenen auch einmal einem zutreffenden Zusammenhang übersieht, ist kein Argument gegen sie. Befürworter homöopathischer Medizin erzählen gerne die Geschichte von Zitrusfrüchten, die man früher unter vielem anderen Seeleuten zu Essen gegeben hat, um die Skorbut zu bekämpfen. Der Zusammenhang zwischen Heilung von ausfallenden Haaren und Zähnen und Zitronen war ungefähr so offensichtlich wie der zwischen Zuckerkügelchen und der Heilung von Halsschmerzen. Hier jedoch war die Korrelation tatsächlich kausaler Natur, eine Einsicht, welche die Wissenschaft, als sie sich diesem Phänomen schliesslich widmete, zur Entdeckung der Vitamine führte, was unser Verständnis von gesunder Ernährung revolutionieren sollte. Vergleichbares ist trotz analoger Bemühungen für Homöopathie nie gelungen.

Wo wir heute unsere Häuser vor Gewittern mit Blitzableitern schützen, welche die elektrischen Ladungen ableiten, anstatt wie früher durch Opfergaben an Götter, um deren guten Willen zu erbitten, so verlassen wir uns auf evidenzbasierte, wissenschaftlich etablierte Kausalzusammenhänge. Diese sind das Resultat skeptischen „langsamen Denkens“ und sind generell schwieriger zu erfassen als das einfache und schnelle Erklären durch übernatürliche Wesen im generellen Jenseitigkeitsbezug vieler Religionen (es hat fast hundert Jahr gebraucht von Benjamin Franklins Blitzversuchen bis zur Formulierung der Gleichungen, die alle elektromagnetischen Phänomene beschreiben. Doch wer von uns kennt schon die Details der Maxwell’schen Feldtheorie). Das mühsame Erforschen der Phänomene, das Erfassen der vielen Einzelheiten, die damit oft verbundenen Irrwege und Korrekturen, die Achtsamkeit gegenüber zu schnellen Schlussfolgerungen, dies alles zeichnet die Wissenschaft aus und fällt uns Menschen zugleich ungleich schwerer als das Formulieren von kausalen Zusammenhängen mit transzendenten Wirkungsmechanismen.

Das soll nicht heißen, dass jeder Transzendenzbezug spiritueller Traditionen das Ergebnis vereinfachenden „schnellen Denkens“ ist. Gerade in den kontemplativen geistigen Traditionen des Fernen Ostens bezieht sich Transzendenz in erster Hinsicht auf erleuchtungsartige Erfahrungen. Sie beschreibt nicht Jenseitigkeit im platonisch-christlichen Sinne, sondern ein „Hinaustreten“ (lateinisch „transcendere“) in neuartige Erfahrungsbereiche des eigenen Geistes. Doch wie wissenschaftliche Erkenntnis ist diese Form des „Tranzendierens“ erst das Ergebnis intensiver meditativer Bemühungen und langen Forschens - in diesem Fall über die Natur des eigenen Geist. Vergleichbar ist auch der damit verbundene Motivationsrahmen: Er liegt im ebenso unbedingten und kompromisslosen Willen nach Wissen und zweifelt genauso an den „schnellen“ Zusammenhängen unseres alltäglichen Schliessens.

Die wissenschaftliche - sowie die kontemplative - Methode ist mühsam und alles andere als perfekt. Oft sehnen wir uns nach schnelleren, einfacheren Einsichten und stellen dann schnelle Kausalzusammenhänge her, wo keine sind. Doch sollten wir diese mächtigste(n) Methode(n), über die wir zur Erkenntnisgewinnung über die Natur (und unseren Geist) und zuletzt der Verbesserung unserer Lebensbedingungen verfügen, niemals geringschätzen. Sie lässt uns aus Fehlern lernen, auch wenn dies langsam und bisweilen schmerzhaft ist. Sie lässt uns bescheiden und intellektuell redlich bleiben in Anbetracht der Schönheit und Komplexität unserer Natur und der unseres eigenen Geistes.

Der Autor Lars Jaeger hat Physik, Mathematik, Philosophie und Geschichte studiert und mehrere Jahre in der Quantenphysik sowie Chaostheorie geforscht. Er lebt in der Nähe von Zürich, wo er – als umtriebiger Querdenker – zwei eigene Unternehmen aufgebaut hat, die institutionelle Finanzanleger beraten, und zugleich regelmäßige Blogs zum Thema Wissenschaft und Zeitgeschehen unterhält. Überdies unterrichtet er unter anderem an der European Business School im Rheingau. Die Begeisterung für die Naturwissenschaften und die Philosophie hat ihn nie losgelassen. Sein Denken und Schreiben kreist immer wieder um die Einflüsse der Naturwissenschaften auf unser Denken und Leben. Seine letzten Bücher „Die Naturwissenschaften. Eine Biographie“ (2015) und „Wissenschaft und Spiritualität“ (2016) sind bei Springer Spektrum erschienen.
 
 

 
Kurz-Essay: Der Pippi-Kult
Warum ein vorpubertäres Mädchen beste Chancen hat, zum Idol des Jahres 2017 zu werden

Von Christoph Quarch

Sie kennen doch die Pippi Langstrumpf, oder? Rote Zöpfe, Sommersprossen, rot-weiß gestreifte Ringelsocken, circa 12 Jahre, wohnhaft in der Villa Kunterbunt; auffällig durch ein gerütteltes Maß an Selbstbewusstsein und Chuzpe; meistens in Begleitung zweier Tiere und zweier Menschenkinder namens Tom und Anika. Sie kennen sie und fragen sich, wieso Sie sich hier mit ihr befassen sollen? Ganz einfach: Weil Pippi Langstrumpf beste Chance hat, zur Kultfigur des Jahres zu werden.
Tatsächlich sehen immer mehr Menschen – Frauen vornehmlich – in Pippi ihr Idol. Frauenzeitschriften feiern die „Pippi-Langstrumpf“- Strategie und erklären ihren Leserinnen, wie sie endlich Glück und Erfüllung finden: indem sie Pippis Mantra folgen, das da lautet: „Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt“. Nachdem erst das Selbstbild zum Selfie wurde, kommt nun auch das Weltbild an die Reihe. Egal ob mein Leben oder die Welt – ich mach’s mir selbst. Also sprach die Zeitgeistin.

„Jetzt bist du dran“

Sich das Leben nach dem eigenen Gusto einrichten: Die PippiStrategie findet Beifall in einer Szene, die seit Jahren schon das Ego pimpert. Autoren wie Veit Lindau oder Robert Betz erreichen Bestseller-Auflagen mit Titeln wie „Heirate dich selbst“ oder „Dein Weg zur Selbstliebe“. Der Cantus Firmus dieser Evangelisten des Ego ist stets derselbe: „Jetzt bist du dran!“; „Gönn dir was!“; „Sieh zu, dass du nicht zu kurz kommst!“ Und die Leserinnenschaft setzt die Maximen eifrig um.
Bei der Pippi-Strategie kommt nun aber eine Komponente zur Geltung, die in der Flut der Selbstliebe-Ratgeber wohl angelegt war, tatsächlich aber erst bei den Pippi-Fans zum vollen Durchbruch kommt: die Postfaktizität. „Postfaktisch“, so viel am Rande, wurde wohl nicht zufällig gerade erst zum Wort des Jahres 2016 gekürt. Was sagt das Wort? Postfaktisch ist, wer sich nicht so sehr dafür interessiert, was tatsächlich – faktisch – in der Welt geschieht, sondern lediglich dafür, wie es sich anfühlt oder wahrgenommen wird. Das heißt: Postfaktisch ist, wer beim Wetterbericht nicht die gemessene, sondern nur die gefühlte Temperatur anschaut. Postfaktisch ist auch, mit Pippi die faktische Welt auszublenden und sich die stattdessen eine eigene Welt zu machen – ganz so, wie es gefällt.


Die Welt als Villa Kunterbunt

Ja, ist denn irgendetwas schlecht daran? Was ist denn schon dabei, wenn ein junges Ding sich die Welt zu ihrem Spielplatz macht? Ist es nicht vielmehr großartig, sich eine Villa Kunterbunt zu schaffen, in der man völlig frei und ungezwungen seine Spiele spielen kann. Ist es nicht gerade eine Feier höchster Freiheit. Ganz im Sinne von Pippis Schöpferin, der großen Astrid Lindgren, die sagte: „Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles genauso machen muss, wie andere Leute.“ So gesehen wäre doch das Pippi-Spiel der Inbegriff der Freiheit. Und der unlängst auf einer Frauenzeitschrift abgedruckte Titel: „Ich mach mir mein Leben, wie es mir gefällt“, wäre die Formel, wie man dorthin kommt.
So mag es scheinen, aber so ist es nicht. Gewiss, beim Spielen sind wir Menschen frei und es ist eine großartige Sache, wenn Menschen, auch Erwachsene, in Spielwelten eintauchen. Aber das eigene Leben zur Villa Kunterbunt zu machen und die Erfüllung darin suchen, sich voll und ganz auszuspielen – das wird schnell zum falschen Spiel, das am Ende des Tages nur Unglück und Leid in die Welt trägt. Das wird einem klar, sobald man sich die Mühe macht, genauer hinzuschauen und die Frage aufzuwerfen, was es denn mit dem Spielen eigentlich auf sich hat. Dann wird man rasch erkennen, dass Spiele uns nur dann gut tun, wenn sie ein paar wichtige Voraussetzungen erfüllen. Die erste Voraussetzung ist, dass Spiele einen klar umrissenen Spielplatz, ein Spielfeld und eine Spielzeit brauchen. Denn ein Spiel funktioniert nur dann, wenn klar ist, dass es jenseits des Spiels noch eine andere, eine Nicht-Spielwelt gibt, die vom eigenen Spiel völlig unbeeinflusst bleibt. Man kann gewiss die Villa Kunterbunt zu seiner Spiel-Welt machen – aber man kann nicht die Welt zu seiner Villa Kunterbunt machen. Auch nicht sein Leben, es sei denn, dass die Villa Kunterbunt eine Einsiedelei ist, aus der man nie heraustritt.

Falsches Spiel

Sowenig man die Welt ungefragt zu seinem Spielplatz machen kann, sowenig auch die anderen Menschen. Man spielt nur dann wirklich, wenn man weiß, dass diejenigen, die jenseits des Spielfeldes leben, keine Mitspieler sind und auch nicht willkürlich ins Spiel einbezogen werden können. Tut man es trotzdem, missbraucht man sie. Dann spielt man mit ihnen auf faule Weise, nämlich ohne sie zu Mitspielern zu machen. Mitspieler sind sie nur, wenn sie aus freien Stücken mit im Spiel sind.
Das aber setzt voraus, dass sie die Regeln teilen. Wenn ich anderen meine eigenen Regeln überbrate, spiele ich nicht mit ihnen, sondern beherrsche sie. Genau tut Pippi Langstrumpf, wenn auch auf charmante Weise, findet sie doch in ihren Spielkameraden Tom und Anika willfährige Mitspieler, die sich bedingungslos ihrem Regelwerk unterwerfen. Andere, die sich wie die Bruselise versehentlich in ihre Spielwelt verirren, haben schwer zu leiden.
Das muss zu denken geben. Wenn die heutigen Pippi- Fans ihr Leben so machen wollen, wie es ihnen gefällt, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder, sie schaffen sich ihre eigene wohldefinierte und klar von der Außenwelt abgegrenzte Spielwelt, zu der nur sie oder einige wenige andere Zutritt haben – oder sie weiten ihre Spielzone gewaltsam aus und zwingen den anderen ihre Regeln auf, was aber nur so lange gut, wie die anderen mitspielen. So oder so steht am Ende des großen Pippi-Spiels meist nicht die große Freiheit, sondern die große Einsamkeit. So, wie es Udo Jürgens einst besang: „Du bist frei - endlich frei, aber du bist nicht befreit, du bist nur verdammt in alle Einsamkeit.“
Die vermeintliche Freiheit der Pippi Langstrumpf erweist sich mithin als ein falsches Spiel: als postfaktisches Refugium für diejenigen, die sich nicht länger dem Spiel des faktischen Lebens und seinen Regeln unterwerfen wollen; die sich von einem flachen Freiheitsverständnis blenden lassen, obgleich schon die antiken Denker wussten, dass es nicht trägt. Denn frei, so lehrte etwa Aischylos, ist nicht, wer der eigenen Natur als seinem „Eigengesetz“ folgt, sondern „wer das gemeinsame, göttliche Gesetz zu seinem eigenen macht.“

Abgesang der Emanzipation

Von dieser Weisheit haben wir uns weit entfernt. Viel näher liegt uns, dem Eigengesetz zu folgen und die Freiheit – frei nach Astrid Lindgren – dort zu suchen, wo wir etwas anders machen; unter völliger Ausblendung der Frage, ob sich das, was wir da machen, auch ins GroßeGanze einfügt: ob es stimmt und gut ist; in völliger Ignoranz des Umstandes, dass wir nur da frei sind, wo wir uns nicht gegen die Welt und andere behaupten müssen, sondern im Einklang mit ihnen sind.
Bedenklich ist, dass im Jahre 2017 so viele Frauen diesem flachen Freiheitsglauben folgen. Könnte es sein, dass die präpubertäre PippiFreiheit der traurige Rest dessen ist, was einmal als Emanzipationsbewegung angefangen hat und dann irgendwie unter die Räder des egozentrischen Zeitgeistes geriet: Nun färben sie Haare rot, flechten sich Zöpfe und schaffen sich eine Traumwelt. Und bilden sich ein, sie könnten ein Pferd in die Luft stemmen. Dabei ist der Pippi-Kult am Ende selbst ein Luftschloss.

Freiheitsstatue mit roten Zöpfen

Oder etwa nicht? Steht er nicht gerade jetzt im Begriff, Wahrheit zu werden? Manches spricht dafür. Wenn auch auf unerwartete Weise. Einer nämlich zieht ihn durch, mit großem Erfolg. Einer, von dessen Lippen das „widewide wie sie mir gefällt“ allerdings weit weniger charmant klingt: Donald Trump, der Mann, der angetreten ist, um sich die Welt nach seinem Bilde zu erschaffen und ihr, ohne wenn und aber, seine Regeln aufzuzwingen. Der Mann, der willens und – schlimmstenfalls – auch in der Lage dazu ist, erst die USA und dann die Welt zu seiner Villa – naj vielleicht nicht gerade kunterbunt, eher zum weißen Haus – zu machen; der Mann, der so tut, als könne er Pferde in die Luft stemmen und dessen Intellekt durchaus präpubertäre Züge trägt. Ausgerechnet an ihm wird erkennbar, wie falsch das Spiel des Pippi-Kultes ist. Und wie gefährlich.
Denn dieser Pippi-Präsident hat nicht nur einen Tom und eine Anika für sich eingenommen, sondern die Mehrheit der Bürger einer Supermacht. Vor allem der Bürgerinnen, wofür nun en passent eine Erklärung gefunden sein könnte. Wie, wenn Trump tatsächlich die lebende Projektionsfläche all derer ist, die sich nach jener Pippi Freiheit sehnen, die nicht mehr fragt, was gut und wahr ist, sondern nur noch, was gefällt? Und das ausgerechnet in den USA, die einst als Land der großen Freiheit galten. Vielleicht sollten wir Trump vorschlagen, der Freiheitsstatue Ringelstrümpfe anzuziehen und Zöpfe zu flechten. Damit wäre immerhin der Wahrheit genüge getan. 2017 könnte wirklich zum Jahr der Pippi werden.

Dr. phil. Christoph Quarch ist Philosoph, Autor und Berater. Er lehrt anverschiedenen Hochschulen und veranstaltet philosophische Reisen, u.a. mit „ZEIT-Reisen“.
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Nur ein Geist kann uns noch retten
Warum Europa seine kulturelle Identität wiederentdecken muss

Von Christoph Quarch

Ist Europa noch zu retten? Die Antwort kann nur eine sein: Ja, Europa ist zu retten. Und es ist gar nicht schwer. Das einzige, was Not tut, ist Besinnung: Europa wird zu retten sein, sofern wir Europäer uns daran erinnern, was Europa ist, wofür Europa steht, woher Europa kommt und welcher Geist in ihm lebendig ist. Denn nur der Geist Europas wird Europa retten.

Was ist der Geist Europas? Die Frage weist auf die Geschichte. Der Geist Europas zeigt sich dort am klarsten, wo er zum ersten Mal erschien: im alten Griechenland. Seine Wiege ist Delphi – der Ort, den man im Altertum für das Zentrum der Welt hielt. Dort kam ein Geist zur Welt, der ein unbedingtes „Ja“ zum Leben aussprach; ein Geist, der ein Menschentum zur Blüte brachte und dabei um die Grenze alles Lebens wusste; ein Geist des Gleichgewichts, der Harmonie und der Balance; ein Geist der Integration, des Ausgleichs, des spannungsvollen aber dabei doch ausgewogenen Miteinanders; der Schönheit, die davon lebt, nicht eintönig, sondern bunt zu sein.

„Das Beste ist das Maß“, lautet das Credo dieses Geistes: Er ist ein Geist, der sich der bunten Vielfalt und Widersprüchlichkeiten des Lebens verpflichtet weiß, dem es dabei jedoch darum zu tun ist, diese Vielheit so zu arrangieren, dass sie sich zu einem schönen und stimmigen Ganzen fügt. Dieser Geist inspirierte rund um das Städtchen Delphi einen Staatenbund, die sogenannte Amphiktyonie, dem zwölf Städte angehörten, die wie die Planeten um ihr geistiges Zentrum Delphi kreisten. Ein solches Gravitationszentrum braucht auch das heutige Europa: ein geistiges Zentrum, dessen Werte und Ideale die Kraft haben, das politische System Europa von innen heraus zusammenzuhalten und auf einander ein- und abzustimmen.

Der Geist, der einst in Delphi mächtig war, hatte diese Kraft. Und ihm ist zuzutrauen, dass er auch dem heutigen Europa einen inneren Zusammenhalt zu stiften vermag. Wuchs doch aus ihm die Attische Demokratie, die von der Idee beseelt war, dass Harmonie sich am ehesten da in einer Polis verwirklichen lasse, wo die Bürger selbst das Wohl und Wehe ihrer Stadt verantworten. Auch wuchs aus ihm die klassische Idee der Schönheit, von der Europa bis weit ins 19. Jahrhundert hinein durchdrungen war. Das freie Denken und die Wissenschaft sind seine Früchte. All das, was die Identität Europas im Guten prägt, stammt aus dieser Quelle.

Sie trägt auch weiter als die Religionen: Der Geist von Delphi war kein strenger Monarch oder Gesetzgeber, sondern einer, der die Menschen anhielt, selber zu erwägen, wie sie das Leben auf eine harmonische und stimmige Weise gestalten könnten: „Erkenne dich selbst“, rief er denen zu, die ihm huldigten. Man möchte dieses Wort an Europa weitersagen: „Erkenne dich selbst!“ Denn es tut Not, dass sich Europa seiner eigentlichen, geistigen Identität bewusst wird. Gerade jetzt, wo sich die Europäische Union mannigfaltigen Herausforderungen konfrontiert sieht, ist es an der Zeit, sich seiner Wurzeln und seines Ursprungs zu vergewissern.

Als politische Union wird Europa den aktuellen Herausforderungen – ob man nun an die Migrationsbewegungen, den Islamismus, Rechtspopulismus oder die Plage der Staatsverschuldung denkt – nur gewachsen sein, wenn die Verantwortlichen in Europas Hauptstädten begreifen, dass dieser Kontinent kein Marktplatz, sondern allem voran ein Kulturraum ist, der durch gemeinsame Werte und einen gemeinsamen Geist geschaffen wurde und erhalten wird; dass für den Fortbestand Europas deshalb nichts dringlicher ist, als diesen Geist zu fördern, was bedeutet, in europäische politische Bildung und die Förderung des geistigen Lebens bzw. der Kultur zu investieren.

Den Geist Europas zur Sprache zu bringen, ihn an die jüngeren Generationen zu vermitteln, gesamteuropäische Bildungsinstitute zu installieren: das wären sinnvolle Antworten an all jene, die Europa derzeit in Frage stellen. Europa ist nicht nur ein Wirtschaftsraum. Erst wenn das verstanden ist, wird der Geist Europas auferstehen. Und auferstehen muss er, wenn der Kontinent nicht schon wieder in Kleingeisterei und Kleinstaaterei untergehen will.

Besinnen wir uns auf den Geist von Delphi: den Geist der spannungsvollen Stimmigkeit des Lebens, den Geist der Schönheit und Balance. Wie wäre es, wenn dieser Geist lebendig wäre? Europa wäre zukunftstauglich, Europa wäre ökologisch sauber und sozial. Europa wäre schön, seine Bürger fühlten sich in ihm zuhause. Es wäre ein Kontinent des unbedingten „Ja“ zum Leben.

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Dr. phil. Christoph Quarch (geb. 1964) studierte Philosophie, Theologie und Religionswissenschaften in Tübingen, Heidelberg und Bielefeld. Christoph Quarch ist als Autor, Reiseveranstalter, Seminarleiter und Keynote-Speaker tätig. Er berät Unternehmen und hat sich als Autor von Firmenpublikationen und Unternehmensphilosophien hervorgetan. Ferner unterrichtet er als Lehrbeauftragter an diversen Hochschulen. Er ist Autor und Herausgeber von knapp 40 Büchen, darunter »Rettet das Spiel«, Hanser-Verlag, »Das große Ja«, Goldmann-Verlag, »Der kleine Alltagsphilosoph«, GU-Verlag, …Für ZEIT-REISEN ist er als philosophischer Reiseleiter tätig.

Als Redakteur und Chefredakteur (u.a. WIR - Menschen im Wandel, Publik-Forum, Forum nachh.Wirtschaften) sammelte er publizistische Erfahrungen, als Programmchef des Deutschen Evangelischen Kirchentags lernte er komplexe Gruppen zu moderieren und Themen in bühnentaugliche Veranstaltungen umzusetzen.

Christoph Quarch lebt mit seiner Familie in Fulda.
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Wissenschaftler als Kanarienvogel im Bergwerk - Die Türkei auf Abwegen
Von Lars Jaeger

Wer sein Leben der naturwissenschaftlichen Forschung und ihren Erkenntnissen widmet, wird sich heute mit einem besonderen Begriff schwertun, der seinen Ursprung in der Philosophie hat, dessen Heimatdisziplin jedoch nie genau festzustellen vermochte, was er eigentlich genau bezeichnet: der Begriff der „Wahrheit“. Denn die Wissenschaften lehren uns die Dynamik eines ständigen Befragens des Status quo unserer eigenen intellektuellen Solidität und die nicht endende kritische Reflexion unseres gegenwärtigen Denkens, Wissens und Meinens. Für feste und auf ewig unverrückbare Wahrheiten ist da wenig Platz.

Diese Entwicklung besitzt eine beachtenswerte Entsprechung im politischen Raum, worauf Karl Popper prominent hinwies: In der Loslösung von absoluten wissenschaftlichen Wahrheitsansprüchen lassen sich erstaunliche Parallelen zur gesellschaftlichen Herrschaftsdynamik und Machtlegitimation erkennen. Denn wie die wissenschaftliche Forschung befinden sich auch politische Entscheidungsprozesse in einem permanenten Reparaturmodus, in welchem sich seine Träger immer wieder hinterfragen und rechtfertigen müssen. In beiden führt der Weg echten Fortschritts stets über die permanente Korrektur falscher Entscheidungen bzw. Theorien. Wie die Wissenschaft ihren absoluten Wissens- und Wahrheitsanspruch aufgegeben hat und unser Wissen von der Natur als immer wieder korrigier- und erweiterbar ansieht und genau damit letzthin die historisch beispiellose moderne Fortschrittsdynamik definiert hat, so vermochten auch die offenen, antiautokratischen und demokratischen Gesellschaften des 20. und 21. Jahrhunderts immer wieder politische Fehler und Irrwege zu korrigieren und trugen somit ihrerseits zu einer zuvor nicht minder unerreichten gesellschaftlichen Wachstums- und Wohlstandsentwicklung bei.

Die Parallelität beider Prozesse ist kein historischer Zufall. Ein Markenzeichen der am höchsten entwickelten und wirtschaftlich erfolgreichsten Gesellschaften der Geschichte ist, dass diese den freien Fluss der Ideen und das uneingeschränkte wissenschaftliche Suchen zuließen und aktiv unterstützten. Umgekehrt waren es die Naturwissenschaften, die spätestens mit der europäischen Aufklärung die Herrschaftsansprüche der autoritären Machthaber untergruben, welche sich in ihrer Hegemonie immer wieder auf höhere Prinzipien berufen hatten. Wenn Gott nicht mehr in der Natur herrschte, so konnten sich seine Advokaten für ihre eigenen gesellschaftlichen Machtansprüche auch nicht mehr auf ihn berufen. Seit der wissenschaftlichen Revolution im frühen 16. Jahrhundert haben sich so die europäischen Gesellschaften bzw. ihre nordamerikanischen Ableger an die Spitze des wissenschaftlichen und damit auch gesellschaftlichen Fortschritts gesetzt. Akademische Freiheit war seither immer ein Tragpfeiler einer prosperierenden Gesellschaft. Unabhängige Forschung, angstfreies Lehren und Lernen, der freie Fluss der Ideen im offenen Dialog dienen also nicht nur der wissenschaftlichen Erkenntnis, sondern der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung und dem allgemeinen Wohlstand.

So ist es ein schlechtes Zeichen, wenn diejenigen, die sich diesem Fluss am stärksten verschreiben, in ihrem Denken, Handlungen und Wirken beschränkt werden. Autoritäre Machthaber nehmen Wissenschaftler besonders gerne und früh ins Visier (neben Künstlern, Schriftsellern und anderen Nonkonformisten, sowie natürlich jeden politischen Oppositionellen). Denn: „Nichts in der Welt wird so gefürchtet wie der Einfluss von Menschen, die geistig unabhängig sind“ (Albert Einstein). Und wenn Wissenschaftler gar verfolgt, verhaftet und eingesperrt werden, so sollte spätestens jetzt klar sein: Die offene Gesellschaft und der demokratische Staat, und damit zuletzt der ökonomische Wohlstand, sind in akuter Gefahr. Die Wissenschaftler sind die Kanarienvögel in den Kohle-Minen der politischen Entwicklung.

In nahezu exemplarischer Reinheit können wir eine solche Entwicklung momentan in der Türkei beobachten. Tausende Professoren und Dozenten wurden dort seit dem Sommer suspendiert, Hochschulen geschlossen, Dekane abgesetzt, Wissenschaftlern die Reiseerlaubnis entzogen. Kurz: Wir erleben zurzeit eine massive Einschränkung akademischer Freiheiten in der Türkei. Erst kürzlich initiierte die türkische Regierung eine Verhaftungswelle gegen mehr als hundert Wissenschaftler (Quelle: die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu). Ihnen wird Unterstützung einer Terrororganisation vorgeworfen, konkret eine Verbindungen zu dem islamischen Prediger Fethullah Gülen. Es ist immer die gleiche Leier in der Erdogan‘schen Repressionsmaschine. Wir kennen sie unterdessen nur allzu gut.

Wissenschaftler weltweit sind also aufgefordert aufmerksam aufzuhorchen, genau hinzuschauen und ihre fundamentale Opposition gegen die türkische Einschüchterung von Wissenschaftlern und die Einschränkung ihrer intellektuellen Freiheiten deutlich zum Ausdruck zu bringen (sowie natürlich die Einschränkung eines jeden Freiheiten). Und die türkische Regierung und Entscheidungsträger selbst sollten wissen: Sie erweisen ihrem Land und seinen Menschen einen Bärendienst. Davon können gerade die Deutschen ein Lied singen. Massenentlassungen und Drangsalierung von Wissenschaftlern besitzen in Deutschland ein trauriges Vorbild. Deutsche Universitäten verloren in den 1930er Jahren fast ein Drittel ihres Lehrkörpers, darunter Nobelpreisträger wie die Physiker Albert Einstein (dessen Relativitätstheorie nach Ansicht der Nazis „jüdische Physik” war) und Gustav Hertz, sowie den Chemiker Fritz Haber. Ganze Forschungsstätten wie das Frankfurter Institut für Sozialforschung und Fachrichtungen wie die Psychoanalyse nach Sigmund Freud wurden ausgelöscht. Göttingen hatte als ein Mekka der Wissenschaft gegolten, als Weltzentrum der Mathematik. Die Nazis brauchten nur zwei Jahre, um diesen Status komplett zu zerstören. Mit all dem setzte ab 1933 eine Emigrationswelle deutscher Wissenschaftler ein, die langfristig gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung der Wissenschaft in Deutschland hatte. Historiker sprechen gar von einer „geistigen Enthauptung Deutschlands“ oder „Demontage deutscher Wissenschaft“. Vor 1933 galten die deutschen Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen als die besten der Welt. Dass heute die amerikanischen diesen Ruf genießen, liegt auch an der Selbstzerstörung der Wissenschaften in Deutschland unter den Nazis. Das Land brauchte Jahrzehnte, um sich von diesem Kahlschlag zu erholen. Und die Vormachtstellung, die sich Deutschland in den ersten 33 Jahren des 20. Jahrhunderts in der Welt der Wissenschaften erarbeitet hatte, wurde bis ins 21. Jahrhundert nie wieder erreicht.

Maßgeblich für die historisch beispiellose Wohlstandschaffung im Westen während der letzten 400 Jahre war die Entstehung und Entwicklung der Naturwissenschaften. Sie formten unsere heutige Welt, und tun dies heute in immer stärkerem Ausmaß. Längst ist aus dem Wunsch nach Verstehen ein Wille zur Gestaltung geworden, der uns auf eine rasante, immer schneller werdende Fahrt in eine immer stärker durch die Naturwissenschaften und den auf ihr aufbauenden Technologien geprägte – und immer wohlhabendere – Zukunft mitnimmt. Das wusste schon Atatürk, der Vater der modernen Türkei. So sagte er:

"Auf der Welt bilden die Wissenschaften und die Technik in der Zivilisation, im Leben für Erfolge (insgesamt) den einzig wahren Führer. Außerhalb von der Wissenschaft einen Führer zu suchen, ist Gedankenlosigkeit, eine Dummheit, ein Irrweg."

(oft verkürzt zitiert: „Der einzig wahre Führer im Leben ist die Wissenschaft.“)

Es bleibt zu hoffen, dass sich Erdogan an dieses Einsicht seines Vorgängers und politischen Vorbildes erinnert. Falls er seine momentane Politik der Einschüchterung, Drangsalierung und Verhaftungen von Wissenschaftlern (und anderen Intellektuellen) fortführt, kommen nicht nur auf die türkische Wissenschaft und Kultur, sondern auf die Türkei als Ganzes, ihre Wirtschaft, ihren Wohlstand und all ihre Menschen schwere und leidvolle Jahre und Jahrzehnte zu. Wenn wir uns in Europa und der westlichen Welt einer solchen Entwicklung gegenüber indifferent zeigen, so könnte sich unserer eigene Zukunft als nicht weniger düster erweisen.

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Lars Jaeger hat Physik, Mathematik, Philosophie und Geschichte studiert und mehrere Jahre in der Quantenphysik sowie Chaostheorie geforscht. Er lebt in der Nähe von Zürich, wo er – als umtriebiger Querdenker – zwei eigene Unternehmen aufgebaut hat, die institutionelle Finanzanleger beraten, und zugleich regelmäßige Blogs zum Thema Wissenschaft und Zeitgeschehen unterhält. Überdies unterrichtet er unter anderem an der European Business School im Rheingau. Die Begeisterung für die Naturwissenschaften und die Philosophie hat ihn nie losgelassen. Sein Denken und Schreiben kreist immer wieder um die Einflüsse der Naturwissenschaften auf unser Denken und Leben. Seine letzten Bücher „Die Naturwissenschaften. Eine Biographie“ (2015) und „Wissenschaft und Spiritualität“ (2016) sind bei Springer Spektrum erschienen.
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Kurz-Essay: Schämt euch!
Es reicht nicht, sich über Fremdenfeindlichkeit zu empören. Wir müssen unsere politische Kultur überdenken

Von Christoph Quarch

Manchmal hilft nur Fremdschämen. Etwa angesichts der Bilder aus Clausnitz oder Bautzen. Da schämt man sich für seine Landsleute. Und diese Scham steigt aus dem tiefsten Grund der Seele auf. Denn was man sieht, spottet all dem, worauf man in diesem Land glaubte stolz sein zu dürfen: unserer politischen Kultur der Toleranz und Menschenfreundlichkeit. Man denkt: „Was sind das nur für Menschen? Sie skandieren ‚Wir sind das Volk!‘ und verhöhnen unsere Werte. Ja, schämen die sich denn gar nicht?“

Nein, diese Leute schämen sich nicht. Und auch sonst schämt sich kaum jemand in diesem Land. Stattdessen empört man sich: Die einen empören sich über Flüchtlinge, die anderen empören sich über diejenigen, die sich über die Flüchtlinge empören. Sich zu empören liegt voll im Trend. Es scheint als habe ganz Deutschland Stéphane Hessels Buchtitel „Empört euch!“ internalisiert: ganz schnell, ganz laut, ganz ungebremst. Denn wer sich empört, der fühlt sich wichtig. Und das ist es, worum es den Empörten meistens geht. Es geht ihnen um sich und darum Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Um das Gemeinwesen und dessen Wohl geht es dabei nur selten.

Scham wächst aus Verbundenheit

Sich zu empören ist das Gegenteil der Scham. Wer sich schämt, will gerade nicht gesehen werden. Im Gegenteil: Wenn wir uns für etwas schämen, meiden wir das Licht und versuchen das, wofür wir uns schämen, vor uns und anderen zu verbergen. Die Scham erträgt es nicht, sich denen zeigen zu müssen, vor denen sie sich schämt. Sie weiß, dass die, vor denen sie sich schämt, sie etwas angehen. Sie sind ihr verbindlich. Wer sich schämt, ist mit den anderen verbunden. Wer sich schämt, ist nicht auf einem Ego-Trip. Wer sich fremdschämt, auch nicht. Er käme nicht darauf, sich zu empören.

Wo sich alle empören, aber niemand mehr schämt, steht es nicht gut um Verbundenheit und Verbindlichkeit. Mangelnde Scham ist das Symptom eines Mangels an Gemeinsinn. Auch wenn es überraschend klingt: Die Scham ist eine Säule des Politischen. Die alten Griechen wussten das. So erzählt Platon in seinem Dialog „Protagoras“, der Göttervater Zeus habe in seiner Weisheit den Menschen zweierlei Gaben gewährt, auf dass sie ihren Gemeinwesen inneren Zusammenhalt und Dauer zu geben vermögen. Die eine Gabe ist das Recht, die zweite Gabe ist aidós – die Scham. Warum?

Wir sind eine schamlose Gesellschaft

Scham ist ein mächtiger Begleiter – ein unbestechlicher innerer Richter, der über unser Handeln wacht: Sie weiß, was sich gehört; sie weiß, was sich nicht gehört – weiß wem wir zugehören; weiß, wem wir nicht zugehören. Sie ist verbündet mit dem Körper und schickt die Schamesröte ins Gesicht, wenn wir entgegen unseren Zugehörigkeiten handeln und darin unserem eigenen Wesen widersprechen. Sie urteilt nicht danach, was die Moral gebietet oder was andere von uns erwarten. Sie wacht darüber, dass wir unserer selbst gemäß leben: entsprechend unserer Verbundenheit und unserer Zugehörigkeit – so, wie es sich gehört.

Wenn niemand sich mehr schämt, ist das ein Indiz dafür, dass sich niemand mehr mit anderen verbunden weiß. Stattdessen greift der unheilvolle Ungeist des Narzissmus um sich. „Hauptsache ich“ lautet sein Mantra, oder „Jetzt bin ich dran“ und „Ich schreie so wie es will.“ Ihm ist es ein probates Mittel, möglichst laut und grell, gewaltsam und brutal sich in den Vordergrund zu drängen – schamlos eben. Wer solches tut, und leider gibt es davon viele, ist zuletzt sogar stolz auf seine Schamlosigkeiten. Und das nicht nur in Bautzen oder Clausnitz, sondern genauso in Berlin, im Fernsehen, auf der Straße, im Internet. Wir sind eine schamlose Gesellschaft.

Torweg in die Freiheit

Und das kommt nicht von ungefähr. In manchen Schulen oder Kindergärten gilt es als erklärtes Ziel, den Kindern jedes Schamgefühl abzutrainieren. Kein Kind lernt heute noch, sich für irgendetwas schämen zu müssen. Dass ein Älterer einem Jüngeren ob dessen Fehlverhalten ein „Schäm dich!“ zuruft, ist gänzlich unvorstellbar. „Scham ist nicht gut für das Selbstwertgefühl“, heißt es. Dass Schamlosigkeit schlecht für die Gesellschaft ist, scheint in Vergessenheit geraten zu sein.

Sie ist auch schädlich für den Einzelnen. Gewiss, es ist nicht schön, wenn man sich schämen muss. Die Scham wird schnell zum Schwergewicht. Wer von Schamgefühlen geplagt ist, kapselt sich ab und wünscht, seine Verbindungen zu kappen. Bis der Druck unerträglich wird und die Scham ihn zwingt, seine Scham zu überwinden. Wo das geschieht wird sie zum Torweg in die Freiheit. Wer seine Scham zu zeigen wagt und offenbart, wofür er sich schämt, hat die echte Chance, sich zu verwandeln und zu reifen.

Gemeinsinn pflanzen

Deshalb ist man versucht, all den Empörten dieses Landes zuzurufen: „Schämt euch!“ – „Schämt euch für die Schamlosigkeiten eines aufgebrachten Mobs, schämt euch für die Schamlosigkeiten all der Narzissten in Politik und Wirtschaft, schämt euch für die Schamlosigkeiten in den Medien und sozialen Netzwerken (wenn diese nicht schon längst zu asozialen Netzwerken mutiert sind, um Marc-Uwe Kling zu zitieren). Schämen wir uns, weil wir alle es versäumt haben, diesen Menschen Scham beizubringen; weil wir es unterlassen haben, ihnen zu sagen, dass sie sich dafür schämen sollten, andere Menschen wie Dinge zu behandeln oder ihnen mit Gleichgültigkeit zu begegnen; dafür, dass sie keine Verbindlichkeit mehr anerkennen.

Statt sich in fruchtloser Empörung zu ergehen, sollten wir uns schämen, unsere Scham eingestehen und unsere politische Kultur überdenken. Wir müssen mutiger dafür eintreten, den Gemeinsinn in den Herzen und Köpfen der Menschen zu pflanzen. Wir brauchen eine politische Kultur, die darauf Wert legt, dass sich zu schämen hat, wer nur an sich denkt und die Haltung ausprägt: „Was geht mich der andere an?“ Verbannen wir die Scham aus der Gesellschaft, bleibt als deren Kitt nur noch die zweite Göttergabe: das Recht. Das alleine aber ist zu wenig.

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zum Autor:

Dr. phil. Christoph Quarch, 1964 in Düsseldorf geboren, Philosoph, Theologe und Religionswissenschaftler, arbeitet freiberuflich als Autor, Publizist, Seminarleiter, Redner und Berater. Er ist Gründer und Herausgeber der Zeitschrift „Wir - Menschen im Wandel“ und Lehrbeauftragter für Ethik an der FH Fulda. Von 2000 bis 2006 war er Programmchef des Deutschen Evangelischen Kirchentags; von 2006 bis 2008 Chefredakteur von „Publik-Forum“. Autor und Herausgeber von über 30 Büchern.

Christoph Quarch lebt mit seiner Familie in Fulda.
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