Vortrag von Veronika Kracher im Rahmen des Wochenendes gegen Rassismus
Freitag, 19.3.2020, 20 Uhr
Jos Fritz Buchhandlung, Freiburg, Wilhelmstr. 15
Was ist eine „Stacy"? Und ein „Chad"? Was bedeuten Begriffe wie „Roastie", „blackpill", „Wristcel", „looksmaxing" und „Femoid"? Es handelt sich hier um den Code der sogenannten Incel-Subkultur, ein misogyner Online-Todeskult, der seit 2018 in den Blick der Öffentlichkeit geraten ist. „Incel" ist die Kurzform für „Involuntary Celibate" – unfreiwillig im Zölibat lebende. Denn dieses jedoch nur scheinbar unfreiwillige Zölibat konstituiert die komplette Identität dieser frustrierten jungen Männer.
Im April 2018 fuhr der Kanadier Alek Minassian mit dem Auto in eine Menschenmenge, um Rache dafür zu nehmen, dass er immer noch keinen Sex gehabt hatte. Sein Vorbild war Elliot Rodger, Held der Incels, der 2014 sechs Menschen tötete, 13 weitere verletzte, und ein über hundert Seiten langes Manifest hinterließ, das zum Manifest der Incel-Bewegung wurde.
Frauen würden einem Sex schulden, und müssten dafür bestraft werden, dass sie diesen verweigern, so der Tenor. Dass Frauenhass, Antisemitismus, Rassismus und die selbstgefällige Anspruchshaltung, man hätte allein seines Geschlechts wegen schon Sex verdient, dafür verantwortlich sind, dass die sich in der Alt-Right verortenden Incels in der Partnerinnenwahl versagen, wird vehement geleugnet.
Denn so wie man Frauen hasst, hasst man als Incel auch sich selbst: Incels hängen dem fatalistischen Glauben an, sie seien aufgrund der eigenen Hässlichkeit ohnehin determiniert, für immer ein Dasein als ungeliebter Einzelgänger zu fristen – Frauen seien schließlich alles oberflächliche Schlampen. Denn es gibt kaum etwas, was der Incel mehr verabscheut als selbstbestimmte weibliche Sexualität. Als Ventil für den eigenen Frust dient das Internet. In Foren tauscht man sich mit Gleichgesinnten über die Verkommenheit von als „Femoids" dehumanisierten Frauen aus, ergießt sich in Vergewaltigungs- und Mordfantasien, und bestätigt sich gegenseitig, dass man Abschaum sei. Denn: Selbst- als auch Frauenhass bestimmen das komplette Dasein der Incels. Diese permanente, aber nur vermeintliche Kränkung ist dem Incel untragbar, und muss so ihre Wiedergutmachung im Terror gegen Frauen finden, Männer wie Rodger, Minassian, oder Scott P. Beierle beweisen dies.
Doch Incels sind keine „schwarzen Schafe", vielmehr ist ihre Ideologie ist in patriarchalen Verhältnissen verwurzelt: sowohl der Glaube auf das Recht auf den weiblichen Leib als auch die Abwertung von Frauen und deren selbstbestimmter weiblicher Sexualität sind auch außerhalb von Incel-Foren weit verbreitet.
Veronika Kracher studierte Soziologie und Literaturwissenschaften und arbeitet als freie Journalistin. Sie arbeitet momentan an einem Buch zur Incel-Subkultur. In ihrem Vortrag wird sie anhand sozialpsychologischer Analysen und hermeneutischer Textarbeit die Ideologie dieser männerbündischen Gruppen analysieren und erklären.
Der Vortrag wird vom Referat gegen Faschismus und der Jugendprojekte Plattform JUPP im Rahmen des Wochenende gegen Rassismus veranstaltet. Der Eintritt ist frei. |