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Ausstellungstipp: Monet. Orte
Museum Barberini, Humboldtstr. 5–6, Alter Markt, 14467 Potsdam
bis 1. Juni 2020

Vom 22. Februar bis 1. Juni 2020 präsentiert das Museum Barberini die Ausstellung Monet. Orte. Diese Werkschau ist die größte Retrospektive, die dem Künstler jemals an einem deutschen Museum gewidmet wurde. Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Denver Art Museum. Anhand von über 100 Gemälden spürt sie den Orten nach, aus denen Monet Inspiration bezog – von Paris und den Seine-Dörfern bis zu Reisezielen wie London oder Venedig. Die Schau versammelt zahlreiche Schlüsselwerke aus sämtlichen Schaffensphasen. Sie ist die erste Ausstellung, die Monets künstlerischen Werdegang im Hinblick auf seine Ortswahl und sein Ortsbewusstsein in den Blick nimmt.

Der Ort war für Claude Monet (1840–1926) von entscheidender Bedeutung. Hier traf das von Wetter, Jahres- und Tageszeiten abhängige Licht auf die Landschaft. Hier ging er dem flüchtigen Spiel atmosphärischer Phänomene nach – dem, was zwischen ihm und dem Motiv lag. Dabei machte er es sich nicht einfach: Immer wieder suchte er gezielt Ansichten, deren malerische Umsetzung eine Herausforderung war, vom gleißenden Licht der Riviera bis zur windgepeitschten Atlantikküste im Norden Frankreichs. Die Ausstellung Monet. Orte zeigt, welche Strategien der Künstler bei der Wahl seiner Wohnorte und Reiseziele verfolgte. Anhand von über 100 Exponaten erfasst sie sein gesamtes Schaffen, vom ersten dokumentierten Gemälde bis zu den späten Seerosenbildern, die er in seinem Garten in Giverny anfertigte.

Schon früh hatte sich Monet der Freilichtmalerei zugewandt. Er malte nicht wie damals üblich nur vorbereitende Ölskizzen, sondern auch ausgearbeitete Gemälde unter freiem Himmel. Monet spürte dem genius loci, der Aura, die einem bestimmten Ort innewohnt, nach. Zugleich wollte er immer sein Erlebnis des Moments am Ort erfassen. Obwohl die Gemälde im Lauf seines Lebens zunehmend abstrakter wurden, beruhten sie auf Beobachtung und blieben an der Wirklichkeit orientiert.

Immer wieder sprach Monet von seinem Bedürfnis, zunächst in eine Landschaft eintauchen, ein Gespür für eine neue Gegend entwickeln zu müssen, bevor er sie auf die Leinwand bannen konnte. Anders als das Klischee der impressionistischen Malerei als spontaner Eindruck vermuten lässt, ging Monet zielgerichtet und methodisch vor. Sein Ringen um eine authentische Wiedergabe der Landschaft beschrieb er in einem Brief von 1912: „Ich weiß nur, dass ich im Hinblick auf die Natur alles tue, was in meiner Macht steht, um wiederzugeben, was ich empfinde, und dass ich meistens, wenn ich versuche, das wiederzugeben, was ich fühle, die grundlegenden Regeln der Malerei, sollten sie überhaupt existieren, vollkommen vergesse.“

Anders als seine Künstlerfreunde suchte Monet die verschiedensten Landschaften und Lichtstimmungen – nicht nur an seinen Wohnorten in Frankreich, sondern auch auf Reisen. Er nutzte das nach 1850 rapide anwachsende Schienennetz, durch das sich sein Aktionsradius erweiterte. Monets Kunst spiegelt die neue Mobilität, die das Aufkommen der Eisenbahn mit sich brachte. Zahlreiche Orte, die er darstellte, waren touristisch beliebte Ausflugsziele, die auch als Motive auf Postkarten oder Amateurphotographien zirkulierten. Monet wandte sich an das aufstrebende Großstadtbürgertum, ein kaufkräftiges Klientel, das sich über Tourismus, Freizeit und Erholung definierte.

Die neu aufgekommene Photographie entsprach dem Zeitgeist mit seinem Streben nach wissenschaftlicher Erfassung der Welt. „Monet machte mit seiner Malerei ein Spannungsfeld zwischen naturwissenschaftlicher Exaktheit und subjektiver Erfahrung auf. Bei aller Motivtreue zielte er darauf ab, dem Betrachter sein Naturerlebnis erfahrbar zu machen“, erklärt Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini. Kurator Daniel Zamani fügt hinzu: „Die Bedeutung des Ortes zeigt sich bei Monet auch an den Bildtiteln, die häufig konkrete Orte benennen – wie etwa Blick auf Bordighera oder Felsen bei Port-Goulphar. Im Wissen, dass sich Menschen mit Orten identifizieren, war Monet bestrebt, die Topographie seiner Gemälde kenntlich zu machen, statt allgemeine Titel wie Stadt am Meer oder Die schwarzen Klippen zu verwenden, wie es damals bei Salonbildern üblich war.“

„Ein ganzer Raum unserer Retrospektive ist Monets Garten in Giverny gewidmet“, betont Ortrud Westheider. „In seinen ikonischen Seerosenbildern bahnt sich ein freies Spiel von Farbe und Form den Weg, das ihn zu einem der wichtigsten Wegbereiter der abstrakten Malerei im frühen 20. Jahrhundert werden ließ.“ Über die Zielsetzung der Retrospektive führt Daniel Zamani weiter aus: „Monets Schaffen ist intensiv untersucht worden, aber unser Fokus auf die Orte, die ihn inspirierten, eröffnet neue Einblicke in seine künstlerischen Interessen und Methoden. Wir zeigen, wie wichtig bestimmte Landschaften an den Wendepunkten seiner Karriere waren, und untersuchen, wie und warum diese Orte die Entwicklung seiner Malerei beeinflusst haben.“

Ausgangspunkt der Ausstellung bildet die Sammlung Hasso Plattners, Stifter des Museums Barberini, sowie der Impressionismus-Bestand des Denver Art Museums. Dazu kommen Leihgaben aus zahlreichen internationalen Museums- und Privatsammlungen, darunter Schlüsselwerke aus dem Musée d’Orsay und dem Musée Marmottan Monet in Paris, der National Gallery in London, dem Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid, dem Metropolitan Museum of Art in New York, der National Gallery of Art in Washington, D. C., dem Hammer Museum in Los Angeles sowie dem National Museum of Western Art in Tokio und der National Gallery of Australia in Canberra. Die Ausstellung wurde konzipiert von den Direktoren und Kuratoren des Denver Art Museums und des Museums Barberini, Christoph Heinrich und Angelica Daneo sowie Ortrud Westheider und Daniel Zamani.

Die mehr als 100 Exponate werden in einer thematisch nach Orten gegliederten Raumfolge präsentiert, die sich über alle drei Stockwerke des Museums erstreckt. Im Rundgang können die Besucherinnen und Besucher Monets gesamte Werkentwicklung bis zu seinen späten Serienbildern verfolgen und zugleich den Orten nachspüren, aus denen er Inspiration für seine impressionistische Freilichtmalerei bezog – darunter auch sein aufwendig angelegter Wassergarten in Giverny, der zum Fokus seiner letzten Schaffensjahre wurde.

Zur Ausstellung erscheint ein 280-seitiger Katalog (Prestel, 2020), der Essays von einigen der bedeutendsten Forscherinnen und Forschern im Bereich des Impressionismus beinhaltet, darunter Marianne Mathieu, James H. Rubin, George T. M. Shackelford, Richard Thomson und Paul Hayes Tucker.
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Eintrag vom: 22.02.2020  




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