ERSTPRÄSENTATION VON SIEBEN NEUERWERBUNGEN JOHN BALDESSARIS
FÜR DIE PINAKOTHEK DER MODERNE MÜNCHEN
LAUFZEIT | 28. JANUAR 2020 BIS 05. JULI 2020
Der kürzlich verstorbene, kalifornische Künstler John Baldessari (1931 – 2020) zählt zu den bekanntesten Vertretern der Konzeptkunst. Scharfsinn und Leichtigkeit hat er in seinen Werken zu eigenwilliger Ironie verbunden, die nicht zuletzt die eigene Künstleridentität hinterfragt.
Anlass für die Einrichtung eines John-Baldessari-Raums sind sieben neu erworbene Werke, eine Initiative, die auf Inka Graeve Ingelmann (1960 - 2019) zurückgeht. Als Leiterin der Sammlung Fotografie und Neue Medien hat sie diesen Bereich seit der Eröffnung der Pinakothek der Moderne maßgeblich aufgebaut und geprägt. Der John-Baldessari-Raum wurde auf der Grundlage ihrer Pläne verwirklicht.
Der mit den Punkten
„Ich werde wohl als der Typ erinnert werden, der Punkte auf die Gesichter von Menschen gemacht hat“, sagte John Baldessari. Doch dieses Markenzeichen, das den Blick vom Wesentlichen auf das vermeintlich Nebensächliche lenkt, umreißt längst nicht den gesamten Kosmos des Künstlers. Fotografie und Malerei, Video und Skulptur, Bild und Text und generell das Crossover zwischen verschiedenen Disziplinen und Erzählweisen bestimmen sein Werk.
Der Baldessari-Schwerpunkt in der Pinakothek der Moderne
Den Grundstock der John Baldessari-Sammlung bilden seit 2003 zwei Dauerleihgaben der Siemens AG, die großformatige Fotografie „Man Running / Men Carrying Box“, 1988-90 sowie die Mappe „The Metaphor Problem“, 1999. Seit 2017 wurde mit Unterstützung von PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne eine systematische Erweiterung verwirklicht, so dass das Ensemble heute insgesamt elf Arbeiten umfasst, die exemplarischen Einblick in das vielfältige Werk geben:
Das Video „I Will Not Make Any More Boring Art“ gilt als Kultwerk im Oeuvre des Künstlers und der Konzeptkunst allgemein, postuliert Baldessari doch hiermit bereits 1971 den Leitgedanken und die selbsterfüllende Prophezeiung seines Werdegangs. In zwei weiteren, frühen Videoarbeiten, „Baldessari Sings LeWitt“ und „Teaching a Plant the Alphabet“, nimmt er das Schaffen von Künstlerkollegen unter die Lupe: Sol LeWitts berühmtes Manifest zur Konzeptkunst und Joseph Beuys‘ Performance „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“. John Baldessari, der auch einflussreicher Lehrer war, hat hier sowohl Kunstwerke als auch Lehrstücke zur Geschichte der Kunst geschaffen. In der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne sind diese nun in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Werken von Joseph Beuys, Sol LeWitt oder etwa Hanne Darboven zu sehen.
Weitere Anknüpfungspunkte bilden die neu erworbene Fotogravur „Falling Star“, 1989-1990 sowie die Lithografie „Studio“, 1988, in der eine formell gekleidete Gesellschaft, dem Kontext nach Kritiker oder Sammler, dem Kunstmaler beim Schaffensprozess über die Schulter blicken. Doch was sehen sie, nachdem Baldessari ihr Gesicht mit Farbpunkten verdeckt hat? Diese kuriose Maske ist auch ein Instrument zur neuen Wahrnehmung und entlarvt etwa Personenkult und Machtgefälle in der Kunst.
Das kritische Kommentieren der eigenen Gilde ist in der Mappe „Six Rooms“ sowie in „The Fallen Easel“ ebenfalls zu beobachten. Immer geht es um den frischen Blick, das Finden neuer Sinnzusammenhänge.
A Brief History of John Baldessari - ein Film-Porträt
Die Präsentation wird durch den Kurzfilm „A Brief History of John Baldessari“ abgerundet. Der 2012 von Henry Joost und Ariel Schulman produzierte, von Tom Waits erzählte, künstlerische Dokumentarfilm bringt Baldessaris Lebenswerk kongenial auf den Punkt. |