Lauert am Ende des Arbeitslebens die Altersarmut? Acht von zehn Deutschen fürchten, dass ihre Rente nicht reichen wird. Jeder Dritte bezeichnet es als seine größte Sorge, im Alter zu verarmen. Diese Ängste haben einen guten Grund: Alexander Hagelüken, Leitender Wirtschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung, warnt in "Lasst uns länger arbeiten" vor dem, was uns droht: sinkendes Rentenniveau, höhere Beiträge, steigende Gesundheitskosten, mangelnde Vorsorge.
Für alle unter 50 sieht es düster aus – es sei denn, das Rentensystem wird grundlegend umgestaltet.
In einer Generation wird es in Deutschland 200.000 Hundertjährige geben – das sind so viele Menschen, wie in Saarbrücken oder Rostock leben. Die Deutschen leben bald im Schnitt bis 90, starten beruflich oft erst mit 30. Aber die Politiker suggerieren uns trotzdem, wir müssten nur bis etwa 60 arbeiten.
Diese Manipulation wird dazu führen, dass alle Jüngeren unter 50 drastisch viel mehr in die Rentenkasse zahlen müssen. Das aktuelle SPD-Versprechen, das Rentenniveau bis 2040 zu garantieren, katapultiert den Beitrag von unter 19 auf 30 Prozent des Lohns – und löst eine Massenflucht aus dem Rentensystem aus.
Alexander Hagelüken schlägt eine faire Reform vor: Wahlgeschenke für Beamte und heutige Senioren kassieren, bessere Berufschancen für Frauen schaffen, Riester-Flop reparieren – und länger arbeiten: Im Schnitt bald bis 69 oder 70. Die Deutschen sind viel gesünder und leistungsfähiger als früher, sagen Ärzte und Altersforscher unisono. Eine faire Reform verhindert Altersarmut, die sonst dramatisch ansteigt.
Längeres Arbeiten kommt oft auch den Interessen normaler Arbeitnehmer entgegen: Wer im Beruf bleibt, bleibt länger gesund und geistig fit, empfindet Sinn und erhält soziale Kontakte. Ein paar Jahre in Teilzeit auszuschwingen, tut Körper und Psyche besser als das abrupte Aufhören von heute auf morgen. Länger Arbeiten passt zu einer Lebensplanung, in der man die Jahrzehnte zuvor die Arbeitszeit reduziert, um sich stärker um Kinder, ältere Angehörige oder berufliche Fortbildung zu kümmern - statt alles in die Jahre zwischen 30 und 50 zu stopfen.
Länger Arbeiten ist keine neoliberale Ausbeutung, wenn die Bedingungen stimmen:
- Wenn die Politik jene besser als heute auffängt, die nicht so lange können
- wenn Firmen anders mit Mitarbeitern umgehen
- wenn die Berufswelt gesünder und interessanter gestaltet wird
Der Auktor Alexander Hagelüken, geboren 1968, ist Leitender Wirtschaftsredakteur der Süddeutschen Zeitung. Zuvor war er Leiter des Geldteils der SZ, Europakorrespondent in Brüssel, Parlamentskorrespondent in Bonn und Berlin. Für seine journalistische Arbeit wurde er vielfach mit Preisen ausgezeichnet.
Droemer Verlag 2019, 224 Seiten, € 16,99 (D)
ISBN: 978-3-426-27778-2 |