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Buchtipp: Hao Jingfang "Wandernde Himmel"
Roman
Aus dem Chinesischen von Marc Hermann

Literatur aus dem asiatischen Raum erfährt derzeit hierzulande einen Aufschwung. Dazu tragen Cixin Liu mit der Trilogie «Drei Sonnen», Tazuaki Takano mit «Extinction» und «13 Stufen» und Pulitzerpreisträger Viet Thanh Nguyen mit «Der Sympathisant» maßgeblich bei. Diesen Schriftstellern möchte Rowohlt Polaris mit Hao Jingfang eine weitere Autorin hinzufügen.

Allen drei oben genannten Autoren ist trotz aller Unterschiedlichkeit in Genre und Ausgestaltung der Romane eins gemein. Ihrem Werk liegen zwei Fragen zugrunde: In welcher Welt leben wir? Und: In welcher Welt wollen wir leben?

So auch in «Wandernde Himmel», dem Debütroman der 1984 geborenen studierten Physikerin und Wirtschaftswissenschaftlerin Hao Jingfang. Am Ende des 21. Jahrhunderts gibt es zwei bevölkerte Planeten: Die Erde und den Mars. Letzterer hat sich als ehemalige Kolonie in heftigen Kämpfen seine Unabhängigkeit von dem blauen Mutterplaneten erkämpft. Zwischen Mars und Erde gibt es nur die eine wesentliche Verbindung: Das Schiff Maerde. Sie ist ein Zeichen der Versöhnung, und mit ihm kehren nach fünf Jahren auf der Erde junge Erwachsene vom Mars auf ihren roten Heimatplaneten zurück. Sie sollen Wissen von der Erde mitbringen, das dem weiteren Aufbau der Gesellschaft auf dem Mars und die Eroberung neuer Lebensräume dienen soll. Für die neue Bevölkerung auf dem Mars ist klar, dass sie in einer zukunftsweisenden Idealgesellschaft leben, die dem der Erde weit überlegen ist. Auf dem Mars steht das Gemeinwohl über dem des einzelnen, die Wertschätzung und Entwicklung von Bildung und Kultur ist höchstes und vornehmstes Ziel und Aufgabe des Staates, und nicht etwa die wirtschaftlich Nutzbarmachung und Ausbeutung der Menschen und Umwelt wie auf der Erde. Was aber geschieht, wenn diese jungen Menschen von der Erde etwas mitgebracht haben, das nicht vorgesehen war? Nämlich das Streben nach individueller Freiheit, nach Spontaneität und nicht lebenslang gültigen Entscheidungen im durchgeplanten, reglementierten Leben auf dem Mars? Was geschieht, wenn diesen Menschen die Erde nicht nur als böse erscheint und sie in ihrer vermeintlich besseren Gesellschaft andere Ziele als die staatlich verordneten verfolgen?

So stellt Hao Jingfang exemplarisch an dem ergreifenden Schicksal einer mutigen jungen Frau und ihrer Familie die tiefgreifende Frage nach individuellem Glück und Freiheit versus Gemeinwohl.

Anne Tente, Lektorin bei Rowohlt Polaris, stellt heraus: «Das Genre Sciencefiction ist für eine wachsende Zahl junger chinesischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller die ideale literarische Form, sich anderen mitzuteilen, sich in spannenden und stilistisch besonderen Romanen mit den Gegebenheiten der Gesellschaftsform und Gesellschaftspraxis auseinandersetzen, in der sie real Tag für Tag leben. Und so ist Hao Jingfang mit «Wandernde Himmel» eine herausragende und mittlerweile über ihr Heimatland hinaus bekannte Vertreterin einer neuen Generation junger Chinesinnen und Chinesen, die mit ihrem Roman fragt: Wie wollen wir leben?»

Rowohlt Polaris 2018, 752 Seiten, € 16,99 (D), 17,50 (A)
ISBN: 978-3-499-27418-3
 
Eintrag vom: 12.10.2018  




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