... geht an das Ensemble Recherche, Ralf Schmid und BAR
Preisverleihung am 15. November
Das Ensemble Recherche erhält den diesjährigen Reinhold-Schneider-Preis. Gegründet 1985 von der Violinistin Melise Mellinger und dem Cellisten Lucas Fels in Freiburg, ist es seitdem hier ansässig und besetzte von Beginn an eine Vorreiterrolle auf außergewöhnlichem Niveau in der zeitgenössischen Musik. Es konzertiert weltweit und ist regelmäßig bei den renommiertesten Festspielen in Luzern, Salzburg, Wien, Witten, Berlin, Donaueschingen zu Gast. Der Kulturpreis der Stadt Freiburg ist mit 15.000 Euro dotiert. Gleichzeitig vergab die am Wochenende tagende Jury aus Mitgliedern des Gemeinderats und Persönlichkeiten des kulturellen Lebens unter Vorsitz von Ersten Bürgermeister Ulrich von Kirchbach das Stipendium des Reinhold-Schneider-Preises in Höhe von 6.000 Euro. Es geht zu gleichen Teilen an den Jazzpianisten Ralf Schmid und an die Freiburger Band BAR. Oberbürgermeister Martin Horn wird die Preise am 15. November um 19.30 Uhr in einem Festakt im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses am Münsterplatz übergeben. Der Reinhold-Schneider existiert seit 1960 und wird alle zwei Jahre vergeben, abwechselnd in den Sparten Musik, Literatur und Bildende Kunst.
Das Ensemble Recherche für zeitgenössische Musik gestaltet seit seiner Gründung Musikgeschichte aktiv mit: Hunderte von Kompositionen sind im Auftrag des Ensembles entstanden. Untrennbar damit verbunden ist der Einsatz der Musikerinnen und Musiker für den künstlerischen Nachwuchs. Verschiedene Formate werden immer wieder für junge Komponierende
entwickelt. So zum Beispiel das Programm „KlassenArbeit“, hinter dem sich eine intensive, mehrmonatige Zusammenarbeit der Musikerinnen und Musiker mit Kompositionsklassen aus unterschiedlichen Ländern verbirgt. Die Ensemble-Akademie, gemeinsam veranstaltet mit dem Freiburger Barockorchester, richtet sich an Instrumentalistinnen und Instrumentalisten, die ihr Können in den Spezialbereichen der beiden Ensembles weiterentwickeln wollen.
Neben der künstlerischen Qualität und der Bedeutung des Ensembles für die zeitgenössische Musik steht die große Verbundenheit des Klangkörpers mit seiner Heimatstadt. Die eigene Konzertreihe in den Räumen des Morat-Instituts ermöglicht der Freiburger Bürgerschaft regelmäßig einen Einblick in die aktuelle Arbeit. Niedrigschwellige Angebote wie das Konzertformat „Schlag 6“ im Ensemblehaus und zahlreiche musikpädagogische Projekte verweben das Ensemble eng mit der Stadt.
Der Vorsitzende der Jury, Ulrich von Kirchbach, erklärte: „Das Ensemble Recherche steht für höchste Qualität, für eine fortwährende künstlerische Neugierde, die sich ihrer gesellschaftlichen Dimension bewusst ist, und für den Mut, eigene Wege zu gehen. Damit trägt es international wesentlich zum exzellenten Ruf von Freiburg als Musikstadt bei und macht gleichzeitig die Musik für die eigenen Bürgerinnen und Bürger erlebbar.“
Das Stipendium zum Reinhold Schneider-Preis hat die Jury diesmal geteilt. Den einen Teil erhält Ralf Schmid. Der 1969 geborene Schmid studierte Schulmusik, Jazz-Piano und Filmmusik in Stuttgart, Ludwigsburg, New York und Los Angeles. Neben weltweiten Konzertauftritten machte er sich als Komponist, Arrangeur und Dirigent zahlreicher Big Bands, so der SWR Big Band, der RIAS Big Band Berlin und dem Henry Mancini Institute Orchestra Los Angeles sowie als Produzent und Musiklabel-Gründer einen Namen und arbeitete mit und für Musikgrößen ganz verschiedener Genres wie Herbie Hancock, Ray Anderson, Natalie Cole, Dionne Warwick, Nina Hagen, Joy Denalane. Seit 2002 ist er Professor für Jazz-Klavier an der Freiburger Musikhochschule.
Die Jury würdigt mit dem Stipendium den international gefragten und musikalische Grenzen immer wieder aufs Neue auslotenden Musiker, vor allem aber sein aktuelles Piano-Elektro-Projekt „Pyanook“, das 2017 beim Jazzfestival im E-Werk Premiere hatte: Mithilfe von Daten-Handschuhen, die Londoner Techniker entwickelten, entgrenzt Schmid das Klavierspiel. Dank der freien Fingerspitzen erlauben die Handschuhe das gewohnte Klavierspiel. Gleichzeitig werden die Klänge des Klaviers aufgenommen und durch die Bewegungen der Handschuhe, die
vorab programmierte Effekte auslösen, live verändert. Akustische Klänge und elektronische Sounds gehen auf diese Weise organisch ineinander über und bilden ein neues Ganzes. Die Improvisationen und Kompositionen interagieren mit visuellen Kreationen des Licht-Designers, Video Artist und Bühnenkünstlers Pietro Cardarelli vom Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe – insgesamt eine synästhetische Komposition mit unzähligen weiteren Entwicklungsmöglichkeiten.
Das zweite Stipendium wird der Freibuger Band BAR verliehen. Diese Band besteht aus Frontsänger und Texter Jens Teichmann, Gitarrist und Songschreiber Oliver Maier, Markus Heinzel am Kontrabass sowie Jeremy Dhome am Schlagzeug. Die 2014 aus dem über zwölf Jahre bestehenden Liquid Laughter Lounge Quartett hervorgegangene Band veröffentlichte dieses Frühjahr ihr zweites Album „Keep smiling“. Die schwermütigen und phasenweise auch im Sprechgesang vorgetragenen Songs der Slowrock-Band schaffen in mitunter bis zu acht Minuten Länge einen atmosphärischen Sog. Mal wähnt man sich im (Vaudeville)Theater, häufiger noch evoziert der dunkle, pure Sound wohl aber Bilder aus Independent-Filmen, Roadmovies, Western oder schlicht einer rauchgeschwängerten Nacht in einer Bar. Auch wenn der Preis an die Band und ihre Musik geht, war der Jury ebenfalls wichtig zu erwähnen, dass Teichmann und Heinzel treibende Kräfte des 2010 in der Haslacherstraße eröffneten nicht-kommerziellen "Slowclub − Verein für notwendige kulturelle Maßnahmen" waren und sind. Mit seinem heterogenen (Musik-) Programm jenseits des Mainstreams und einer aktiven Förderung des künstlerischen Nachwuchses stellt der Slowclub eine wichtige Plattform für einen kreativen kulturellen und sozialen Austausch dar und ist aus Freiburg nicht mehr wegzudenken.
Frühere Trägerinnen und Träger des Reinhold-Schneider-Preises in der Sparte Musik waren unter anderen Klaus Huber, das Experimentalstudio mit Hans Peter Haller und André Richard, das Freiburger Barockorchester sowie Rainer Kussmaul. |