Die beliebte Bibliothek am Münsterplatz hat sich ein neues Kleid zugelegt
Umfangreiches Wochenprogramm zur Eröffnung
Eintritt zu allen Veranstaltungen frei
Pippi Blaubär oder Sams Nimmersatt mit dem Fliewatüüt? Die meisten Kinder von heute wissen, wie es richtig hieße. Wer der Meinung ist, dass auch die Kinder von morgen in ihrer Freizeit mehr Angebote haben sollten als Xbox und Instagram, findet in der Freiburger Stadtbibliothek und ihren Zweigstellen starke Verbündete. Allerdings wirken deren Verlockungen auf die junge und jüngste Leserschaft nur dann mit voller Kraft, wenn sich die Bibliothek frisch und attraktiv präsentiert.
Das weiß auch die Kinder- und Jugendbibliothek am Münsterplatz – und hat sich deshalb in den vergangenen Wochen, mit großzügiger Unterstützung der Volker-Homann-Stiftung, ein neues Kleid zugelegt. Die Räume wurden renoviert und umgestaltet, die neue Farbgebung will an Berge und den Schwarzwald erinnern, damit passt sich die Einrichtung nun besser der jungen Klientel an. So sind die Zeitschriften und Spiele nun in einem niedrigen Regal zu finden, das für Kinder gut erreichbar ist und auch eine Fläche zum Präsentieren bietet. Filme und elektronische Spielen warten nun in Medientürmen.
Der Jugendbereich ist mit Bildschirm, Spielkonsolen und Tablets multimedial ausgestaltet. Damit sind medienpädagogische Angebote wie Gaming für Kinder oder Rallyes mit anschließender Präsentation nun möglich. Zur Nutzung vor Ort werden die Tablets auch mit Bilderbuch-Apps und Spielen angeboten. Für die Kleineren gibt es dazu Tonieboxen mit unterschiedlichen Figuren zum Ausprobieren.
Am 26. Januar wurde die „neue“ Kinder- und Jugendbibliothek mit Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach, dem Stifter Volker Homann und geladenen Gästen mit einem Stehempfang eröffnet.
Der Eröffnung folgt nun ein umfangreiches Programm, der Eintritt zu allen folgenden Veranstaltungen ist frei.
Am Samstag, 27. Januar, um 16 Uhr, präsentiert der Zauberer Urs Jandl „Eselsohren – ein wortreiches Getrixe“. Mit Büchern, Schrift und Papier zaubert es sich einmal ganz anders. Für Kinder ab 6 Jahren. Das Puppentheater Private Puppets ist für Kinder ab 4 Jahren gleich zweimal zu Besuch. Die Geschichte „Edda Einhorn und der Regenbogenraub“ wird am Dienstag, 30. Januar, um 16 Uhr aufgeführt. Edda Einhorn lebt in Wolkenburg, einer Stadt in den Wolken. Ein ewiger Regenbogen dient den Bewohnern als Lebensader. Doch eines Tages verdunkeln sich die Farben des Regenbogens. – Am Donnerstag, 1. Februar, 16 Uhr stellen sich in der Geschichte „Schwein sucht das wilde Leben“ die Bauernhoftiere die Frage: Warum nicht eine abenteuerliche Reise in die Freiheit wagen? Lustige und spannende Bilderbücher liest die langjährige Vorlesepatin der Stadtbibliothek, Felizitas Lacher, am Mittwoch, 31. Januar, um 15 Uhr, für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren vor. Im Anschluss gibt es eine Mal- und Bastelaktion.
Größere Kinder ab 10 Jahren sind eingeladen, die digitalen Medien auszuprobieren. Die kleinen Roboter Dash und Cozmo, die vom Tablet aus gesteuert werden können, stehen am Dienstag, 30. Januar, ab 17 Uhr zur Verfügung. – „Cool Coding“ heißt es am Mittwoch, 31. Januar, ab 17 Uhr, wenn ein erster Einstieg in das Thema Programmieren mithilfe von Apps, Tablets und den neusten Lernspielen, z.B. Osmo, Kosmobits und Blockly angeboten wird. – VR? Wer sich immer noch fragt, was hinter dieser Abkürzung steckt, kann es am Donnerstag, 1. Februar, ab 17 Uhr erfahren und selbst testen. – „Auf die Plätze, fertig, los“ heißt es dann am Freitag, 2. Februar, ab 16 Uhr. Alle Marios, Luigis, Peaches und Toads können beim großen Mario-Kart-Turnier gegeneinander auf der Switch antreten.
Schlaglichter aus der Geschichte der Kinderbibliothek Etwa im Jahr 1936 wurde erstmals in der Stadtbücherei eine spezielle Abteilung „zur Erziehung der Jugend“ eingerichtet. Damals gab es wöchentlich 15 Ausleihstunden extra für junge Leser: am Montag, Mittwoch und Freitag von 11 bis 13 und von 15 bis 18 Uhr. 1937 wurde im zweiten Obergeschoss ein eigener Jugendlesesaal eingeweiht und 1939/40 zur Freihandbibliothek umgebaut. Der Nutzer-Statistik von 1938/39 zufolge war von 6.406 Leserinnen und Lesern die Hälfte jünger als 18 Jahre (38,4 Prozent waren zwischen 10 und 14 Jahren, 13,1 Prozent waren zwischen 15 und 18 Jahren alt).
Nach dem Krieg wurde die Bibliothek 1948 provisorisch im Adelhauserkloster untergebracht. 1953 zog die Jugendausleihe dann in die frühere Pförtnerstube des Naturkundemuseums um.
Im Zuge des Wiederaufbaus Anfang 1958 begannen auch die Bauarbeiten zur Hauptjugendbibliothek. Geplant wurde eine ModellJugendbücherei gemäß den Bedingungen des Bundesjugendplanes. Bei ihrer Eröffnung am 7. Juli 1959 konnte Oberbürgermeister Brandel unter 65 geladenen Gästen auch den Regierungspräsidenten Dichtel begrüßen. Der Grundbestand umfasste 5.700 Bände für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 17 Jahren und war gleich dreifach per Zettel katalogisiert: alphabetisch, systematisch und nach Titeln.
Der Wiederaufbau in zentraler Lage erwies sich als kluge Entscheidung. Im Umkreis von 1500 Metern rund um den Münsterplatz wohnten 1959 57.000 der 130.000 Einwohner Freiburgs. Darunter waren 8.000 Jugendliche, von denen viele die Bibliothek rege nutzten. Geöffnet hatte die Jugendbibliothek damals 16 Stunden pro Woche. 1960 gab es bereits 9.800 Bücher, die 46.278-mal entliehen wurden. Der Anteil der Jugendliteratur-Entleihungen stieg von 25 Prozent im Jahr 1955 auf fast 40 Prozent anno 1960, damit nahm Freiburg im Bundesvergleich einen Spitzenplatz ein.
Im Juli 1969 feierte die Jugendbücherei am Münsterplatz ihr zehnjähriges Jubiläum mit einem öffentlichkeitswirksamen Umzug, an dem mehr als 500 Kinder teilnahmen. Bilanz der ersten 10 Jahre: Seit der Eröffnung wurden knapp 715.00 Bücher entliehen.
Stabi in den 50ern: Der Kampf gegen die „Schundliteratur“ Wie alle Einrichtungen dieser Art stand auch die Freiburger Jugendbücherei wiederholt im Spannungsfeld diverser Kampagnen gegen sogenannte „Schundliteratur“. Den Ton vorgegeben hatte schon in den 1920er Jahren das Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schmutz- und Schundschriften. Sein Geist wurde in den 1950er Jahren vom „Literarischen Jugendschutz“ aufgenommen. Durch Romanhefte und Comics (Tarzan, Superman, Perry Rhodan) sah man die sittliche und geistige Entwicklung Jugendlicher gefährdet.
Die Freiburger Bibliothek unterstützte bereitwillig den Kampf gegen „Verbildung durch Verbilderung“. Ein öffentlichkeitswirksamer Schlag gegen die „Flut der Schundhefte“ gelang 1956. Unterstützt durch den Werbefunk und Mittel aus dem Jugendschutzfonds, rief die Stadtbibliothek vom 13. bis 15. November zur Aktion „Schmökergrab“ auf, in deren Verlauf 1.422 Kinder (das sind 10 Prozent aller Kinder im Alter von 10-16 Jahren) 31.000 „Schundhefte“ gegen 1.852 neue Bücher eintauschten und die Bibliothek 388 neue junge Leser gewann.
Anfangs wurden unter dem Motto „Was an Schund und Schmutz ich hab‘, hinein damit ins Schmökergrab!“ zehn Hefte gegen ein Buch getauscht. Später stieg der Tauschwert auf 20 Hefte. Die Bibliotheksleitung wertete die abgegebene „Schundliteratur“ aus und klärte damit in Vorträgen vor allem Eltern auf. Der Südwestfunk produzierte für das Fernsehen einen Beitrag, der bundesweit ausgestrahlt wurde und Freiburg zu einem Zentrum des Kampfes gegen literarischen Schund erhob.
Noch 1961 berichtete die Stuttgarter Zeitung von der Freiburger Aktion, jetzt allerdings mit einer selbstkritischen Stellungnahme des Bibliotheksdirektors, der eine Wiederholung der Aktion nicht plante, da man damit nur den Verkauf neuer Hefte fördere.
Trotzdem ging die Kampagne zur Propagierung des guten Buches in Freiburg unter dem Motto „Schule und Jugendbücherei im Kampf gegen Schundliteratur“ weiter. Sie beeindruckte die regionale Presse derart, dass man sich (schon wieder) Gedanken über die Ausmerzung unerwünschter Schriften machte: „Leider gibt das Grundgesetz den verantwortlichen Stellen nicht die Möglichkeit, all den gedruckten Schund, mit dem unsere Jugend schon während ihrer Schulzeit langsam, aber sicher vergiftet wird, ohne jede falsche Rücksichtnahme auszumerzen. Um so mehr ist es die Pflicht von Schule und Elternhaus, hier mit dem rechten Verständnis aufklärend zu wirken und die Buben und Mädel unmerklich, aber nachdrücklich auf den Weg zum guten Buch zu geleiten.“ (Südwest-Presse, 12. Februar 1963)
Heute, knapp 55 Jahre später, sieht sich die Freiburger Kinder- und Jugendbibliothek nach wie vor als Hort des guten Buches. Sie hat aber ihr Medienangebot zum Nutzen der heutigen Buben und Mädel deutlich erweitert. 1985 kamen Videocassetten hinzu, 1991 Kindercassetten, 1996 Literatur-CDs und 1998 Computer-Spiele auf CD-ROM. Seit 2010 gibt es auch Konsolen-Spiele. Doch Pippi L., Käptn B. und die kleine Raupe N. haben immer noch ihren Ehrenplatz – seit heute in frisch renovierter und neu gestalteter Umgebung. |