Wie die Wirtschaft Arbeitsgefühle erzeugt
Fröhlich, fleißig, ausgebrannt?
Vom Discounter bis zur Großbank: Jeder Job verspricht heute Bestätigung weit über die Bezahlung hinaus. Die Aussicht auf Selbstverwirklichung und Anerkennung ersetzt oft genug gesicherte Arbeitsverhältnisse und muss Erschöpfungszustände kompensieren. Wie kommt es zu derart gegensätzlichen Arbeitsemotionen? Ist diese Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ein Phänomen der Gegenwart oder gab es sie schon immer?
Die Historikerin Sabine Donauer hat erforscht, wie sich seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts unsere Arbeitsgefühle verändert haben: vom reinen, notwendigen Broterwerb hin zu einer innerlich motivierten und motivierenden Beschäftigung. Diese Aufwertung der Arbeitsgefühle ist, wie Donauer nachweisen kann, eine geschickte Taktik der Arbeitgeber: Weil es ihnen im Laufe der letzten 100 Jahre gelungen ist, die Arbeitnehmer emotional an ihre Arbeit zu binden, haben sie höhere Leistungen erreicht und Arbeitskämpfe weitgehend vermieden – ohne mehr bezahlen zu müssen.
Die Kehrseite dieses Individualismus ist aber die weitreichende Entsolidarisierung der Arbeitnehmer und ein übermächtiger Konkurrenzdruck. Wird sich diese Konstruktion in der globalen Wirtschaft als zukunftsfähig erweisen oder finden wir zu einer neuen Solidarität?
Edition Körber-Stiftung 2015, 242 Seiten, EUR 16,00 (D)
ISBN 978 3 89684 171 1
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