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Freiburg: Glückwunsch, die Situation ist komplex
Das Evangelium widersetzt sich schneller Lösungen - Predigt am Reformationstag

Freiburg (gh). „Das Evangelium lockt zum Engagement, von dem anfangs gerade nicht klar ist, ob es erfolgreich ist“, dies sagte am Wochenende (Sa. 31. Okt.), Professorin Renate Kirchhoff, im zentralen Gottesdienst der evangelischen Stadtkirche zum Reformationstag in der gut besuchten Ludwigskirche. Die Rektorin der Evangelischen Hochschule predigte über die Seligpreisungen aus dem Matthäusevangelium.

Die seien in gewisser Weise Paradox. Denn das griechische Wort „Makarios“, das Luther mit "selig" übersetzte, hieß in der Alltagssprache „Glückwunsch“. Und so beglückwünschen beispielsweise die Seligpreisungen diejenigen „die geistlich arm sind, diejenigen, die mutlos geworden sind angesichts von Verhältnissen, die Unrecht produzieren“. Oder sie beglückwünschen „die Frieden schaffen, obwohl sie in einer Situation der Unterdrückung leben und also keine Handlungsspielräume zur Gestaltung der Gesellschaft haben“. Die biblischen Worte verstoßen damit gegen „Konventionen, weil sie eben nicht direkt zustimmungsfähig" seien, sagte Kirchhoff.

Doch gerade diese Sichtweisen des Evangeliums würden heute gebraucht. Kirchhoff: „Wir brauchen Menschen, die heute in Freiburg im Blick haben, wie nötig es ist, dass wir als Christinnen und Christen Sorge tragen für sozialen Frieden in einer Situation, in der Bedarfe unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen gegeneinander abgewogen werden müssen.“

Die Sichtweise des Evangeliums tauge „für unwägbare, unüberschaubare, vertrackte Situationen“. In der komplexen Situation der Flüchtlingsfrage, sei sie trotz vieler Versäumnisse froh, dass Angela Merkel gesagt habe „Wir schaffen das“, ohne zu wissen wie das dann aussehe. Wer meine, dass Merkels Satz falsch gewesen sei, der habe „zumindest das Evangelium nicht auf seiner Seite“, so die Theologieprofessorin. „Wer in der Situation, in der wir uns in Deutschland und Europa – aber auch in den Herkunftsländern der Flüchtlinge – mit den einfachen Kategorien Vorschlägen und richtig/falsch Urteilen daher kommt, wer so tut, als wäre die Zukunft mit den Flüchtlingen zu kartographieren, ist nicht nur unglaubwürdig, sondern gefährlich.“ Deshalb gälte: „Wohl denen, die die Komplexität der Situation aushalten.“ Und: „Herzlichen Glückwunsch denen, die aushalten, dass ihr eigenes Leben vertrackt ist – unüberschaubar, und widerstehen dem Druck der schnellen Lösungen.“

Die Kollekte des Gottesdienstes ging an Flüchtlingswohnfond der Freiburger Stadtkirche beim Diakonischen Werk . Aus dem seien bereits 60 Familien beim Wohnungsfinden und beim Einrichten unterstützt worden, berichtete Stadtdekan Markus Engelhardt.
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Eintrag vom: 01.11.2015  




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