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Buchtipp: Wolfgang Schmidbauer "Enzyklopädie der Dummen Dinge"
Wie die Konsumwelt unsere Intelligenz ruiniert

Viele Dinge haben unseren Alltag erleichtert: Auto, Computer, Handy, Fotokamera – darauf verzichten möchte niemand mehr. Wir nutzen sie völlig selbstverständlich, ohne zu merken, dass sie uns nicht nur bereichern, sondern auch "dümmer" machen.

Die modernen Konsumgüter werden immer komfortabler. Die Funkuhr muss nicht mehr auf die Sommerzeit umgestellt werden. Die Fotokamera macht alles automatisch. Sorgfältige Vorbereitung, Erfahrungswissen über Blende, Tiefenschärfe und Belichtungszeit sind nicht mehr nötig. Der Bleistiftspitzer im Schulmäppchen reduziert die komplexen Bewegungsabläufe des Spitzens mit dem Federmesser auf eine einfach Drehbewegung – und reißt oft genug die Mine ab. Der Kugelschreiber versagt mitten im Schreiben aus unerfindlicher Ursache, der Reißverschluss ziept und klemmt.

Wer das Autofahren mit Hilfe eines automatischen Getriebes lernt, lehnt den Schaltvorgang als anstrengend und unbequem ab. "Unsere Neigung zur Bequemlichkeit hat die menschliche Intelligenz dazu gebracht, möglichst viele Maschinen zu erfinden, die Hand, Kopf und Geist ihrer Nutzer lähmen", warnt der bekannte Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer eindringlich in seinem in Kürze erscheinenden Buch "Enzyklopädie der Dummen Dinge": "Ich nenne diese Maschinen DUMME DINGE, denn sie schwächen unsere Möglichkeiten, einsichtig zu handeln, gesund zu bleiben und unsere Intelligenz zu trainieren".

Wie anders dagegen die einfachen, "klugen" Dinge wie Axt, Hammer, Sichel und Sense! Ohne sich der alten Leier des "Früher war alles besser" anzuschließen oder für eine Rückkehr zu VW-Käfer, Petroleumlampe oder Plumpsklo zu plädieren, verfolgt der Autor anhand zahlreicher Beispiele die vielfältigen Aspekte und negativen Auswirkungen "dummer" Dinge. "Wir könnten heute ein leichtes, stabiles, reparaturfreundliches und an Tesla gemessen sehr langsames Elektrofahrzeug bauen. Es geschieht nicht. Die Entwicklung solcher Lösungen unterbleibt, nicht zuletzt durch den Einfluss der dummen Dinge." Wie Strukturen, die solche Entwicklungen bedingen, stärker werden konnten als die menschliche Einsicht, führt die "Enzyklopädie der Dummen Dinge" anschaulich vor Augen. Überzeugend setzt Wolfgang Schmidbauer ein Panorama der "klugen" Dinge dagegen, die unsere alte Überlebensintelligenz wieder wecken und fördern könnten.

Oekom Verlag 2015, 240 Seiten, EUR 17,95 (D), 18,40 (A)
ISBN 978-3-86581-732-7
 
Eintrag vom: 10.09.2015  




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