Ausstellung vom 20. Januar bis 8. März 2015 im Zeppelin Museum Friedrichshafen
Das Zeppelin Museum hat einen großen Teil des Nachlasses von Andreas Feininger (1906-1999) erworben: das Andreas Feininger Archiv. Es umfasst 565 von Feininger autorisierte Fotoabzüge, 261 davon handsigniert, mehrere seiner Kameras, Kodak Super-XX Filme, Filmschachteln und Patronen, mit denen Feininger damals arbeitete. Darüber hinaus enthält das Archiv zahlreiche Originalausgaben des LIFE-Magazins, Kataloge, Bücher und Fotohandbücher, die er herausgegeben hat.
Andreas Feininger gilt heute sowohl wegen seines künstlerischen Schaffens als auch wegen seiner theoretischen Schriften als einer der einflussreichsten Fotografen der 1940er bis 1980er Jahre.
Viele der ausgestellten Fotografien sind inzwischen berühmte Klassiker. Neben den weltbekannten Stadtansichten New Yorks können auch seine experimentellen Studien und seine faszinierenden Natur- und Landschaftsfotografien entdeckt werden. Dabei wird deutlich, dass er nicht zuletzt aufgrund seiner herausragenden fotografischen Technik berühmt wurde. Sein selbstgebautes Teleobjektiv erlaubte ihm beispielsweise erstaunlich detailreiche Aufnahmen aus weiter Ferne aufzunehmen.
Das Zeppelin Museum stellt erstmals das gesamte Feininger Archiv in einer umfassenden Ausstellung aus – und macht es so den Besucherinnen und Besuchern des Museums, aber auch der Forschung zugänglich.
Das Werk
Wie sein Vater Lyonel Feininger interessierte sich Andreas Feininger für Raum, Licht und Struktur. Er analysierte florale Organismen und gebaute Konstruktionen, ließ sich von der Avantgarde-Fotografie der 1920er Jahre anregen und vom Bauhaus gleichermaßen inspirieren wie vom Aufbau der Bach‘schen Fugen. Er arbeitete mit kameralosen Direktbelichtungen, Fotogramme genannt, wie sie seit 1916 bekannt waren, fand aber auch viel Neues durch spielerisches Experimentieren. Als er beispielsweise beim Entwickeln eines Glasnegativs irrtümlich die Raumbeleuchtung anschaltete, entdeckte er die Solarisation, heute Sabbatier-Effekt genannt: Das Negativ wurde schwarz, nur die äußeren Umrisse des fotografierten Objekts blieben sichtbar. Eine weitere Entdeckung machte Feininger, als er ein Glasnegativ unter dem Wasserhahn abspülte. Die Oberfläche des Negativs brach netzartig auf und bildete den sogenannten Runzelkorn-Effekt. Feininger experimentierte außerdem mit Belichtungszeiten, Überlagerungen von Diapositiven und Negativen oder erzeugte mit Verschiebungen holzschnittartige Abstraktionen. Wie die Konzeptkünstler des 20. Jahrhunderts arbeitete Feininger häufig in Serien und Variationen. Am meisten beeinflusste ihn allerdings die Neue Sachlichkeit mit ihrem kühlen, analysierenden Blick. Vor allem in seinen New Yorker Jahren begann er ganz direkt, ohne fotografische Tricks zu arbeiten und bevorzugte das unverstellte Motiv.
Berühmt wurde Feininger mit seinen großartigen Architekturaufnahmen von New York und Chicago, die mit einer selbst entwickelten Telekamera entstanden. Seine Begeisterung für Wolkenkratzer kommt in zahlreichen Bildern zum Ausdruck, wenn er beispielsweise mit verschiedensten Objektiven die Monumentalität der Architektur zu steigern wusste oder unterschiedliche Lichtsituationen und außergewöhnliche Perspektiven erprobte. Mit seiner 1940 selbst gebauten 4x5-Inch-Kamera konnte er seine Motive aus 20 Kilometern Entfernung gestochen scharf ablichten. Die Arbeit mit dem Teleobjektiv führte zu einer Verstärkung der Bildtiefe, dem sogenannten Fernglaseffekt, der für viele Aufnahmen Feiningers charakteristisch ist.
Feininger baute aber auch Kameras, mit denen er seine Sujets wie unter einem Mikroskop fotografieren konnte. Diese Technik verwendete er vor allem für seine Naturaufnahmen, für Muscheln, Blüten oder Libellenflügel, die er so auf neue Weise sichtbar machte.
Feininger entwickelte seine Filme grundsätzlich selbst. In den 1960er Jahren übertrug er diese Arbeit einem Labor. Abzüge und Vergrößerungen machte er weiterhin selbst. Erst als er 1988 aufhörte zu fotografieren, ließ er sogenannte „exhibition prints“ in einem Fachstudio für Schwarz-Weiß-Fotografien herstellen.
Bis 1999 veröffentlichte Feininger über 50 Bücher zur Fotografie, die teilweise in 14 Sprachen übersetzt wurden.
Biografische Angaben
1906 als ältester Sohn des Malers Lyonel Feininger in Paris geboren.
1922-1925 Ausbildung zum Kunsttischler am Bauhaus in Weimar.
1925-1928 Besuch der Staatlichen Bauschulen in Weimar und Zerbst, Ausbildung zum Architekten und Bauingenieur. Er beginnt, sich für Fotografie zu interessieren, und richtet sich 1927 im Haus seiner Eltern in Dessau seine erste Dunkelkammer ein.
1929-1931 arbeitet in Hamburg und Dessau als Architekt.
1929 Werkbundausstellung „Film und Foto“ in Stuttgart. Arbeitet als Schaufensterdekorateur.
1932-1933 arbeitet im Pariser Büro von Le Corbusier als Architekt.
1933-1938 Umzug mit seiner späteren Ehefrau Gertrud Hägg nach Stockholm.
1934 konstruiert ein Vergrößerungsgerät, das die deutsche Firma Liesegang nach seinen Plänen baut.
1939 Übersiedelung nach New York. Reportagefotograf der Agentur „Black Star“.
1943-1962 für das „Life“-Magazin entstehen 346 Reportagen.
1955 Teilnahme an der legendären Ausstellung „The Family of Man“ im Museum of Modern Art in New York.
1962 beendet Tätigkeit für das „Life“-Magazin und arbeitet als freier Fotograf. Veröffentlicht zahlreiche Lehrbücher zur Fotografie.
1988-1997 gibt aus gesundheitlichen Gründen das Fotografieren auf, widmet sich fortan dem Archivieren seiner Fotografien und vermacht seinen Nachlass zum größten Teil dem Center for Creative Photography in Tucson, Arizona.
1999 Andreas Feininger stirbt im Alter von 92 Jahren in New York.
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