MUSEUM FÜR KUNST UND TECHNIK DES 19. JAHRHUNDERTS, Baden-Baden
bis 31. August 2014
Bis Ende August 2014 zeigt das Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts die Ausstellung „Lesser Ury und das Licht“. Die Ausstellung ermöglicht die Wiederentdeckung des großartigen Berliner Malers Lesser Ury (1861-1931). Zur kunstgeschichtlichen Bedeutung dieses deutschen Impressionisten tritt der technikgeschichtliche Übergang hinzu, von der seine Bildmotive handeln. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wandert das Licht von der Natur in die Metropole. Mond- und Sonnenlicht werden zu Gaslampe und Strombeleuchtung.
Langfristiger Ruhm und die verdiente breite Anerkennung dieses jüdischen Malers wurden von persönlichen und politischen Einschnitten immer wieder behindert. Am nachhaltigsten wirkte sich die Verfemung seines Werkes durch die Nazis ab 1933 aus. Früh war das überragende Talent des jungen Zugereisten in Berlin erkannt worden. Adolph von Menzel verschaffte dem jungen Ury 1890 eine bedeutende Akademieauszeichnung. Lovis Corinth, Max Slevogt und Max Liebermann erkannten in Lesser Ury ihren künstlerischen Mitstreiter. 1892 kam es allerdings zwischen Ury und Liebermann zu einem persönlichen Zerwürfnis, was Ury zunehmend isolierte, während Liebermann kunstpolitisch zur überragenden Berliner Malerpersönlichkeit jener Jahre aufstieg. Später von Corinth wieder in die Berliner Secession miteinbezogen, erlebte Ury die triumphale Ehrung seines Lebenswerkes in der Nationalgalerie Berlin 1931 nicht mehr. Er verstarb wenige Wochen vor der Eröffnung seiner großen Ausstellung.
Die Baden-Badener Ausstellung trägt zu einer Neubewertung des Werkes von Lesser Ury in seiner kunstgeschichtlichen Bedeutung und seiner technikgeschichtlichen Zeitzeugenschaft der Epoche bei. Denn Ury war ein Maler der Metropole ebenso wie der menschenleeren Natur. In seinem Werk werden wir Zeugen, wie sich das Licht aus dem Wald oder vom Seeufer hinüber in die Stadt verlagert. Im 19. Jahrhundert ist das eine epochale Spannung: Sieht Mondlicht im Wald kälter oder wärmer aus als Gaslicht im Café? Anders als im französischen Impressionismus führt Licht bei Lesser Ury nicht zur Auflösung aller Dinge und Inhalte in komplementäre Farbwerte. Als Maler lässt sich Lesser Ury auf das Abenteuer ein, die Oberflächenwirkung des Lichtes hochpräzise einzufangen und zugleich die Existenz der Menschen und Gegenstände unter ihrer Oberfläche darzustellen. Er vermag, impressionistische Sensitivität für Lichtreflexe mit Schwarz als Malfarbe auf der Leinwand zu kombinieren. Die dunklen Automobile, deren Scheinwerfer sich auf den nassen Straßen Berlins spiegeln, verdichtet er zu einem prägnanten Signet der Großstadt.
Der Eintritt mit dem Museums-PASS-Musées ist kostenlos.
zum Bild oben:
Lesser Ury rauchend im Atelier (Selbstbildnis), um 1912. Öl auf Leinwand, Privatsammlung |