Oder: Wie Ausstellungen unser Denken verändern könnten
Museen sind Massenmedien. Aufwendige Ausstellungsprojekte erreichen immense Besucherzahlen; kühne Museumsbauten bilden neue Landmarken. Keine Zeichen von Müdigkeit, oder? Und doch sind Betrieb und Besucher gleichermaßen erschöpft. Immer mehr, immer teurer, immer multimedialer – und irgendwie immer dasselbe. In die Zufriedenheit mischt sich Unbehagen: Wozu das alles?
Der Mangel an Ideen und gedanklicher Tiefe, die ängstliche Befriedigung antizipierter Erwartungen und die Selbstreferentialität des Betriebs gehören für den Philosophen und Kurator Daniel Tyradellis zu den Kernproblemen der Museen. Für ihn steht die Frage der Vermittlung am Anfang und Ende einer jeden Ausstellung. Das bedeutet aber nicht immer mehr Didaktik und immer weitere Absenkung der Schwellen. Es bedeutet, den Besucher ernst zu nehmen, sein Denken in neue Bahnen zu lenken und Frei-Räume, Erfahrungsräume einer neuen Art zu öffnen.
»Das Ziel einer Ausstellung sollte nicht sein, bloß einen Forschungs- oder Wissensstand abzubilden oder Meisterwerke zu zeigen«, fasst Tyradellis sein philosophisch-kulturpolitisches Plädoyer für eine neue Art des Kuratierens zusammen. »Sie sollte viel eher die Mittel dazu bereitzustellen, das daran Unerledigte und Vorausgesetzte zu verstehen und auszuhalten. Sie sollte synästhetische Konstellationen präsentieren, die vielleicht quer zu allen musealen Usancen stehen, die aber gerade deshalb in der Lage sind, Laien wie Experten Fragen und Zusammenhänge vor Augen zu führen und so dabei helfen, Kultur und uns selbst anders zu durchdringen.«
Neugierige Besucher, mehr Wagemut im Museumsbetrieb und eine undoktrinäre Ausbildung für Kuratoren sind, so Tyradellis, die besten Voraussetzungen dafür, das einzigartige Potenzial von Ausstellungen zu wecken: Sie könnten Orte sein, an denen gesellschaftliche Fragen in einem ästhetischen Kontext verhandelt werden
Edition Körber-Stiftung 2014, 296 Seiten, EUR 16,- [D], 16,50 [A] / sFR 23,50
ISBN: 978-3-89684-153-7 |