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Lesen auf Rädern: Freiburg hat einen neuen Bücherbus
Heute wurde Fahrbibliothek mit modernsten technologischen
und ökologischen Standards auf Münsterplatz eingeweiht

4500 Medien an Bord, Lift für barrierefreien Zugang, Sitzecke
zum Verweilen, Beamer und Leinwand für Bilderbuchkino /
Bus fährt weiterhin 17 Haltestellen im Stadtgebiet an

Über 27 Jahre lang hat der Bücherbus der Stadtbibliothek Freiburg
treue Dienste geleistet. Mehr als eine Generation Kinder,
Jugendliche und Erwachsene hat er Woche für Woche mit Medien
versorgt. Nun ist dieses Kapitel beendet – heute wurde ein neues
aufgeschlagen. Auf dem Münsterplatz vor der Stadtbibliothek haben
Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach und Elisabeth Willnat,
Leiterin der Stadtbibliothek, Freiburgs neuen Bücherbus eingeweiht.

Dabei stellte von Kirchbach den Neuzugang, der 415.000 Euro
gekostet hat, vor: „Dieser Bus entspricht den modernsten
technologischen und ökologischen Standards.“ 4500 Medien sind
darin untergebracht, damit bringt das eindrucksvolle Gefährt 17
Tonnen auf die Waage. Die Ausstattung ist auf die Medienvielfalt der
Fahrbibliothek abgestimmt, ein spezieller Lift ermöglicht einen
barrierefreien Zugang, eine Sitzecke lädt zum Verweilen ein, für
Klassenführungen und Bilderbuchkinos wurden Beamer und
Leinwand integriert – aber das ist noch nicht alles.


Was der neue Bus hat und kann

Der neue Bücherbus ist ferrari-rot. Er hat einen umweltfreundlichen
290 PS starken 6-Zylinder-Dieselmotor, der sparsam und mit
Abgasnorm Euro5 arbeitet. Er ist mit einem vollautomatischen 6-
Stufen-Getriebe der neuesten Generation ausgestattet.

Er ist 2,55 Meter breit, 3,40 Meter hoch und 12,50 Meter lang – und
damit 2,50 Meter länger als sein Vorgänger, was ihm neben vielen
anderen drei wichtige Vorzüge sichert. Dank eines hydraulischen
Liftes ist er barrierefrei. Der Einbau einer kleinen Aufenthaltszone
erhöht die Aufenthaltsqualität. Und die medienpädagogische Arbeit
ist im geräumigeren Bus besser möglich als bisher.

Der Bücherbus wurde im Rahmen eines Bieterverfahrens von der
Stadtbibliothek ausgeschrieben. Gewonnen hat die schwedische
Firma Volvo, die das Chassis lieferte. Dieses Chassis ist das einzige
industriell gefertigte Teil am neuen Bücherbus. Alles andere –
Aufbau, weitere Technik und Ausstattung – wurde in sechsmonatiger
minutiöser Handarbeit von der Firma Kiitokori im finnischen Kausala
hergestellt, nach den Wünschen der Stadtbibliothek.


Was mit dem alten Bücherbus geschieht

Bei der heutigen Einweihung erklärte Kulturbürgermeister von
Kirchbach auch, was mit dem bisherigen Bus geschehen soll. „Wir
hatten viele private Anfragen, aber uns war wichtig, dass er weiter für
soziale und kulturelle Belange genutzt wird.“ Daher werde das
Fahrzeug nach Kroatien verkauft, wo er in einer ländlichen, immer
noch vom Krieg gezeichneten Region hinter der Küstenstadt Zadar
weiterhin als Bücherbus dienen werde, betrieben von der
Öffentlichen Bibliothek in Zadar.

Immerhin blickt der bisherige Freiburger Bücherbus auf eine reiche
Geschichte zurück. Sie beginnt mit einem „großen Bahnhof“: seiner
feierlichen Inbetriebnahme am 16. April 1986. In den 27½ Jahren
seither hat der Bus mit dem Kennzeichen FR-2090 168.000
Kilometer hinter sich gebracht. In den letzten Jahren setzten aber
tragende Teile Rost an, und seit Januar 2013 durfte er Haltestellen
im Innenstadtbereich mangels Feinstaubplakette nur per
Ausnahmegenehmigung ansteuern. Diese erhielt er nur, weil bereits
ein neues, emissionsarmes Fahrzeug in Auftrag gegeben worden
war – die Finanzierung eines neuen Fahrzeugs hatte der
Gemeinderat Anfang 2012 beschlossen.

Die Geschichte der Freiburger Fahrbibliothek seit 1955:

Lesen auf Rädern – das neue Lesezeitalter beginnt in Freiburg am
22. Mai 1955. Da erhält die „Städtische Volksbücherei“ ihren ersten
„Bücherbus“. Mit seinen heutigen Urenkeln hat er im wesentlichen
Lenkrad und vier Räder gemein, ansonsten ist es ein (bis auf die
Frontscheibe) fensterloser, gedrungener Kastenwagen, in dem
Erwachsene kaum aufrecht stehen können. Kinder finden darin aber
Traumwelten in 500 Bänden vor.

Diese „fahrbare Jugendfreihandbücherei“, ein Geschenk des
Bezirksjugendrings Südbaden, dient der Literaturversorgung aller
Stadtteile, und so findet die allererste Ausleihe in St. Georgen statt,
an der Schönbergschule. Im ersten Vierteljahr melden sich schon
200 Schülerinnen und Schüler an, pro Ausleihtag werden 100 Bände
ausgeliehen. Der Bus fährt anfangs nur Betzenhausen (montags)
und St. Georgen (freitags) an, ab Oktober 1955 auch Littenweiler und
ab Ende 1957 Zähringen. Programmatisch folgt die Fahrbibliothek
dem strengen Zeitgeist: Ihr Ziel ist laut Bibliotheksleitung, dass „die
Groschenhefte, diese Schundlektüre der Straße, aus den
Schultaschen verschwinden.“

Bücherbus II: Am 12. Januar 1958 schenkt das Amerika-Haus der
Freiburger Bibliothek seinen eigenen Bücherbus, mit dem es zuvor
zahlreiche Orte in Südbaden bedient hatte. Bald schon ist das GMGefährt
Baujahr 1951 mit 1700 Bänden ausgestattet und steht in
städtischem Auftrag Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17
Jahren wöchentlich auf vier Schulhöfen zur Verfügung: in Freiburg-
West (Mooswaldschule), Littenweiler (Reinhold-Schneider-Schule),
Zähringen (Emil-Gött-Schule) und St. Georgen (Schönbergschule).
Bis 1967 leiht diese Fahrbibliothek 240.000 Bände an 10.000 junge
Leser aus, dann kommt ihr die Verkehrstauglichkeit abhanden und
sie wird aus dem Verkehr gezogen.

Bücherbus III: Am 2. März 1967 wird der Öffentlichkeit wiederum ein
neues Fahrzeug vorgestellt – auf dem Schulhof der Emil-Gött-
Schule. Es hat 85.264 Mark gekostet und bietet jetzt Komfort auf der
Höhe der Zeit. Dieser neue Kässbohrer/Büssing-Bus ist beheizt,
beleuchtet und belüftet. Belesen ist er auch: Mit inzwischen 2400
Bänden steuert er die vier bekannten Haltestellen an, bald kommen
weitere hinzu, in Bischofslinde (Betreuungszentrum St. Hedwig,
später Anne-Frank-Schule), Wiehre (Emil-Thoma-Schule) und
Landwasser (Albert-Schweitzer-Schule). Um mehr Haltestellen
bedienen zu können, wird der Aufenthalt an jedem Standort verkürzt:
Von ursprünglich einem ganzen Nachmittag reduziert sich die
Ausleihmöglichkeit auf eineinhalb Stunden.

1982 dehnt die Stadtbibliothek ihr Einzugsgebiet auf die Gemeinden
am Tuniberg aus: Wöchentlich werden nun auch Munzingen,
Tiengen, Opfingen und Waltershofen mit Lesestoff versorgt. Das
Depot wächst mit den Anforderungen und umfasst nun 16.000 Titel.
Sie können für drei Wochen ausgeliehen werden, vom Bilder- und
Schreibschriftbuch über Märchen/Sagen, Abenteuererzählungen und
Jugendroman bis zum Sachbuch aus allen Wissensbereichen.

Bücherbus IV: In den ersten 30 Jahren ihres Bestehens hat die
Freiburger Fahrbibliothek 1,8 Millionen Bände an 30.000 Leserinnen
und Leser, vor allem Kinder und Jugendliche, ausgeliehen. Mit dem
vierten Bücherbus erlebt sie den beschriebenen Quantensprung in
die Moderne: Der Kässbohrer Setra, der 290.000 Mark kostet und am
16. April 1986 in Betrieb geht, bietet nun schon 4500 Medien Platz,
darunter erstmals auch Bücher für Erwachsene. Er wird am längsten
im Einsatz sein (insgesamt 27½ Jahre) und mehr Haltestellen denn
je ansteuern: 1986 kommen Lehen und Hochdorf hinzu, später auch
Vauban und Brühl, zwischenzeitlich Rieselfeld. So steigt die Zahl der
Haltestellen von 6 (1967) auf 10 (1982), 12 (1986) und 15 (1990).
1998 wird mit 17 die bisher höchste (und bis heute gültige) Zahl an
Stationen erreicht, hinzu kommt seit 1991 einmal monatlich der
Haltepunkt Mulhouse.

Neu ist auch der Bestellservice, der bis heute existiert: Aus dem
Depot der Fahrbibliothek (das inzwischen 18.000 Bände umfasst)
und aus dem gesamten Bestand der Stadtbibliothek können Titel
vorbestellt werden, die der Bücherbus mitbringt, sobald sie verfügbar
sind. Ab 1987 ergänzen Video- und Musik-Kassetten den Bestand –
das sind tonbändchenbestückte Mini-Ziegeln aus Plastik, die in
unförmige blinkende Möbelstücke namens Recorder gesteckt werden
und die deutsche Sprache um das kuriose Wort „Bandsalat“
bereichern (ältere Nutzerinnen und Nutzer erinnern sich vielleicht).

Weil durch die Eröffnung der Kinder- und Jugendmediothek der
Haltepunkt im Rieselfeld entfällt, wird der Fahrplan 2003 revidiert,
und bald wird auch die Aufenthaltsdauer der unterschiedlichen
Nachfrage in den Stadtteilen angepasst: Im Vauban hält der Bus
seither aufgrund des Andrangs eine halbe Stunde länger.

Seit 2011 gibt es in Zusammenhang mit dem Bücherbus einen
„Geocache“ zu entdecken, der bei Anhängern dieser modernen
Schnitzeljagd prima ankommt. Die zahlreichen Kommentare dazu im
Internet zeigen die Faszination, die die Institution Bücherbus bis
heute auslöst. Und die nackten Zahlen bestätigen diesen Eindruck: In
den 58 Jahren ihres Bestehens gab es 4 Millionen Ausleihen in der
Fahrbibliothek, allein im Spitzenjahr 2008 nahmen ihre Nutzerinnen
und Nutzer 105.165 Medien mit nach Hause.

Der aktuelle Fahrplan des Bücherbusses mit Haltepunkten

Dienstag
Munzingen (Schlossbuck) 14 bis 14.45 Uhr
Tiengen (Tuniberghaus) 15 bis 15.45 Uhr
Opfingen (Sporthalle) 16 bis 16.45 Uhr
Waltershofen (Sporthalle) 17 bis 17.45 Uhr

Mittwoch
Wiehre (Lorettoschule) 12.30 bis 13.30 Uhr
Ebnet (Dreisamhalle) 14 bis 15 Uhr
Littenweiler (Reinhold-Schneider-Schule) 15.15 bis 16.15 Uhr
Wiehre (Emil-Thoma-Schule) 16.30 bis 17 Uhr

Donnerstag
Bischofslinde (Anne-Frank-Schule) 12.15 bis 12.45 Uhr
Lehen (Johannes-Schwartz-Schule) 13 bis 13.30 Uhr
Landwasser (Albert-Schweitzer-Schule) 13.45 bis 14.15 Uhr
Hochdorf (Hallenbad) 14.30 bis 15 Uhr
Brühl (Lortzingschule) 15.30 bis 16 Uhr
Zähringen (St. Blasiushaus) 16.15 bis 17.15 Uhr

Freitag
Vauban (Karoline-Kaspar-Schule) 13 bis 14.30 Uhr
St. Georgen (Schneeburgschule) 14.45 bis 15.45 Uhr
St. Georgen (Schönbergschule) 16 bis 16.45 Uhr

Samstag
Einmal im Monat in Mulhouse vor der Bibliothèque centrale, Grand'
Rue: 10 bis 12 Uhr

Kontakt
Fahrbibliothek Freiburg: Tel. 0761/201-2207.
 
Eintrag vom: 04.11.2013  




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