Mehr Ausleihen, mehr Besucher, immer mehr digital
Deutsche Oldie-Sender spielen bis heute gerne den Welthit „Video
killed the radio star“ (1979) der Buggles. Gut eine Generation später
singen deutsche Bibliotheken längst ein neues Lied: das von den
audiovisuellen und digitalen Medien, die dem herkömmlichen Buch
das Leben schwer machen. Auch die Freiburger Stadtbibliothek
kennt den „Non-Book-Trend“. Doch sorgt eine umsichtige Leitung
dafür, dass alle wichtigen Zahlen (Ausleihen, Ausweise, Besucher)
auf hohem Niveau bleiben, auch wenn es „nur“ ums Buch geht.
Dies hob auch Kulturbürgermeister Ulrich von Kirchbach heute bei
der Vorstellung der Jahresbilanz der Stadtbibliothek hervor: „Unsere
Bibliothek arbeitet intensiv an ihren zukunftsorientierten Zielen. Dafür
verbessern wir nicht nur unsere Angebote bei Büchern und digitalen
Medien, sondern auch die Aufenthaltsqualität.“ Dass etwa das Regio-
Café in der Hauptstelle auf die Empore verlegt wurde, wo
Besucherinnen und Besucher in angenehmer Atmosphäre Bücher
anlesen und sich in Zeitungen informieren können, sei gut
angekommen, ebenso die bauliche und inhaltliche Integration des
Wegweisers Bildung im Eingangsbereich.
Auch bei Auswärtsspielen versteht die Stadtbibliothek zu punkten:
Kinder, Jugendliche und Erwachsene stürmten beim „Lesenden
Rathaus“ am 12. Mai 2012 die Säle bei den Autorenlesungen.
Begeistert aufgenommen wurden etwa Steve Sem-Sandberg,
Dominique Manotti und der „Große Schneidewind“. Die
Freiburgerinnen und Freiburger genossen dabei die literarische
Qualität am besonderen Ort – in ihrem Rathaus.
Wie viel wurde 2012 ausgeliehen?
Im Jahr 2012 wurden 1.593.607 Medien ausgeliehen. Dies ist das
zweitbeste Ausleihergebnis in der Stabi-Geschichte; im Rekordjahr
2011 waren es 1.600.356 Medien gewesen, davor war die Zahl seit
2004 (1.441.938 Ausleihen) kontinuierlich um ein bis drei Prozent
gestiegen. Der minimale Rückgang seit dem Rekordjahr ist durch
weniger Öffnungstage, u.a. wegen eines EDV-Updates, zu erklären.
Auffällig ist, dass in der Kinder- und Jugendbibliothek auf sehr hohem
Niveau erneut ein Zuwachs festzustellen ist (2011: 388.300 – 2012:
392.015). Inzwischen sind allein Kinder und Jugendliche am
Münsterplatz (respektive ihre beflissenen Papas, Omas, Tanten) für
jede vierte Stabi-Ausleihe verantwortlich. Nach wie vor kann die
Stadtbibliothek der hohen Nachfrage hier nicht nachkommen.
Die Nutzung der digitalen Medien (Onleihe) nimmt inzwischen
deutlich zu (2011: 17.876 – 2012: 31.233 Ausleihen). Die Verbreitung
mobiler Endgeräte wie Smartphones oder spezieller E-Book-Reader
führt zu einer enormen Nutzungssteigerung, gleichzeitig auch zu
einem erhöhten Beratungsbedarf durch das Bibliothekspersonal.
Wer nutzt die Stadtbibliothek?
Die Zahl der Besucherinnen und Besucher stieg 2012 erstmals seit
fünf Jahren (2008: 754.199 – 2011: 672.177 – 2012: 678.470). Ob
sich in dieser Steigerung schon die höhere Aufenthaltsqualität
spiegelt, wird die nähere Zukunft zeigen. Dass auch die Zahl der
Ausweisbesitzer leicht gestiegen ist (2011: 26.617 – 2012: 26.651),
könnte die Resonanz auf verbesserte Serviceleistungen sein: Seit
Februar 2012 können sich Leser online selbst registrieren und somit
die digitalen Angebote direkt nutzen.
Die Zielgruppe der Kinder bis 13 Jahre ist nahezu gleichgeblieben,
der Anteil der älteren Leserschaft ab 60 Jahren steigt seit einigen
Jahren kontinuierlich (2011: 1882, 2012: 2084). Konstant verteilt sich
die Bibliotheksnutzung zwischen Frauen (63%) und Männern (37%).
Was wird geboten?
Die Medienzusammensetzung ändert sich leicht zugunsten des
„Non-book-Bereichs“ (audiovisuelle Medien, Tonträger, Karten,
Spiele, Zeitschriften, Noten). Er macht inzwischen 29,7% (2011:
28,7%) des Gesamtbestandes aus, sein Anteil an der Ausleihe liegt
bei 43,9% (2011: 42,7%) . Elektronische Medien bildeten 17,2%
(2011: 16,1%) des Bestandes und 39,9% (2011: 38,1%) der
Ausleihen. Der Trend zu digitalen Medien wird aufmerksam
beobachtet, dafür baut die Stadtbibliothek ihr Angebot verstärkt aus.
Zum Jahresende belief sich der Bestand der Onleihe bereits auf
4203 Medien.
Die Kinder- und Jugendbibliothek war auch 2012 federführend bei
mehreren Projekten zur Leseförderung. Um Kinder und Eltern zum
Schulstart auf die „Stabi“ und ihre Angebote für Leseanfänger/innen
aufmerksam zu machen, organisiert die Kinderbibliothek stadtweit die
Aktion „Ein Leseausweis in jede Schultüte“ und die Teilnahme der
Stadtbibliothek am Lirum-Larum-Lesefest. Beim bundesweiten
Vorlesetag unter dem Motto „Große für Kleine“ lasen Freiburger
Gemeinderäte für Freiburger Schulklassen in allen
Bibliotheksstandorten und in der Fahrbibliothek.
Mit ihrem Notenbestand ist die Musikbibliothek wichtige Anlaufstelle
für Musikinteressierte. Die Suche nach geeigneten Musikstücken,
Besetzungen oder Liedtexten erfordert eine hohe Expertise bei den
Fachkräften der Abteilung. Neben dem Angebot an Büchern, Noten
und CDs bereichern Medienausstellungen das Programm, mit denen
runde Geburtstage und gleichzeitig Verdienste im Musikleben, von
Claude Debussy bis Paul McCartney, gewürdigt werden.
Was geht in den Stadtteilen?
Die Stadtteilbibliothek Haslach ist zum einen Schulbibliothek der
Staudingerschule, zum anderen im Stadtteil gut verankert und leistet
in Kooperation mit der Haslacher Wundertüte aktive Kulturarbeit.
Dabei geht sie auch an andere Orte im Stadtteil, um den Menschen
zu begegnen (z.B. Haslacher Hofmusik, Melanchthon-Matinee). 2012
brachte sie es auf 112.964 Ausleihen (7,1% aller Stabi-Ausleihen),
wobei hier der überdurchschnittliche Anteil an Kinderkassetten,
Musik- und Literatur-CDs und Konsolenspielen auffällt.
Die Stadtteilbibliothek Mooswald bleibt am Interimsstandort in den
Wentzingerschulen, bis die Sanierung abgeschlossen ist. Neben
Klassenführungen und Vorleseaktionen war sie auch mit einem
Stand am Weltkindertag im Seepark präsent. Unter den 51.295
Ausleihen (3,2% des Stabi-Gesamtwertes) im vergangenen Jahr
finden sich überdurchschnittlich viele Zeitschriften.
Die Kinder- und Jugendmediothek Rieselfeld profitiert auch in ihrem
inzwischen zehnten Jahr davon, dass in diesem Stadtteil viele Kinder
leben, diese Kinder sehr leselustig sind und daher oft und gerne in
der „Stabi-Filiale“ vorbeischauen. Mehrsprachige Vorlesestunden
bereichern ihr Profil und beleben die Nachfrage nach dem
ansehnlichen Bestand an fremdsprachigen Kinderbüchern. So
konnte die KiJuM 2012 die stattliche Zahl von 102.254 Ausleihen
verzeichnen, u.a. besonders viele CD-Roms und Gesellschaftsspiele.
Die Fahrbibliothek kommt ihrem Publikum buchstäblich entgegen. An
Schulen steht sie für Bibliothekseinführungen offen, auch 2012
haben 500 Kinder bei Klassenführungen ihr Angebot kennengelernt.
Beim Lirum-Larum-Lesefest fährt die Fahrbibliothek zur Freude der
Kinder sogar einmal jährlich die Haltestelle vor dem Stadttheater an.
Und jetzt kommt noch mehr Bewegung ins Thema: 2012 hat der
Gemeinderat den Kauf eines neuen Bücherbusses beschlossen. Nun
wird der Volvo-Bus beim finnischen Spezialausstatter Kiitokori
gefertigt und nach den Freiburger Wünschen und Anforderungen
ausgestattet mit einem unübersehbar neuem Outfit, einer attraktiven
Lese-Lounge und barrierefreiem Zugang. Nach den Herbstferien soll
er in Freiburg seine ersten Runden drehen.
Was kommt noch?
Die Mauern stehen fest, (fast) alles Andere ist in Bewegung in der
Stadtbibliothek, nicht nur in Sachen Bücherbus. Die Kinder- und
Jugendmediothek Rieselfeld feiert in diesem Herbst mit dem
gesamten Glashaus ihr zehnjähriges Bestehen. Im Dezember begeht
die Hauptstelle ihr fünfzigjähriges Jubiläum am Münsterplatz – und
gewinnt durch Baumaßnahmen ständig an Reiz. Im Frühjahr wurde
die Nordfassade renoviert, jetzt geht es an die Planung und
Errichtung des Publikumsaufzugs, mit dessen Hilfe ab 2015 auch die
oberen und das untere Stockwerk barrierefrei zu nutzen sind.
Zu guter Letzt setzt die Stadtbibliothek noch einen literarischen
Akzent. Die Aktion „StadtLesen“ lädt die Bürgerschaft vom 25. bis 28.
Juli auf den Kartoffelmarkt ein, wo sie von morgens bis zum Einbruch
der Dunkelheit schmökern und vorlesen können. |