eine Nacht im Leben der Gertrud Kolmar
Von Gerlind Reinshagen
Musik: Sabine Worthmann
Regie: Andrea Getto
Produktion: HR 2010
Länge: 60 Minuten
Sonntag, 05.12.2010, 18.20 Uhr, SWR2
Schon seit Kindertagen kennt Gertrud Kolmar die Vorstellungen vom letzten Augenblick. Und genau so lange wünscht sie sich, fliegen zu können. Im Morgengrauen eines Wintertages steigt die jüdische Dichterin die Siegessäule in Berlin hinauf. Sie will sich hinabstürzen, Schluss machen mit Zwangsarbeit und Angst in Nazideutschland. Sie will nicht deportiert werden wie ihr Vater, nicht fliehen zu den Verwandten, die im sicheren Ausland auf sie warten. Die 285 Stufen hinauf werden Konfrontation mit sich selbst, aber auch mit der Stadt, die sie liebt und gleichzeitig hasst wie nichts anderes. Am Ende steigt Gertrud Kolmar wieder hinab. Ihr Durchhaltewillen hat gesiegt. »Wenn du, um eine Sache ganz zu schaffen, die Treppe hinauf und wieder hinunter gemusst hast, wird es dir mit allem so gehen.« Die Dichterin Gertrud Kolmar, der dieser Monolog in den Mund gelegt ist, wurde im März 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo sie vermutlich noch im selben Monat unter ungeklärten Umständen zu Tode kam. |