Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar
Bibliotheken als Orte des gedruckten Wortes haben ganz besondere architektonische Aufgaben. Neun Bibliotheksbauten hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gefördert, meist Stadtbibliotheken, aber auch eine Staatsbibliothek und eine Universitätsbibliothek. Diese Kulturbauten hatten für die Besitzer immer einen besonderen Stellenwert. Selbst wenn die privaten Bibliotheken meist nicht mit den großen öffentlich gebauten Bibliothekshäusern konkurrieren können, so ist die Sammlung von Büchern schon in der Antike eine gern geleistete Bildungsanstrengung gewesen. Herrscher traten mit ihren kostbaren Bibliotheken in Konkurrenz mit anderen Potentaten oder Klöstern. Doch war der Bau nur die Hülle für den besonderen Schatz der Bücher.
Mit der Anna Amalia Bibliothek kam die Deutsche Stiftung Denkmalschutz durch ein Unglück in Kontakt. 2004 geriet die fürstliche Bibliothek in Brand, zahllose Bücher, Handschriften und Musiknoten wurden durch Feuer und Löschwasser teils zerstört, teils schwer beschädigt. Zu den größten Verlusten zählt die Musikaliensammlung der Herzogin Anna Amalia und die sogenannte Sammlung Schurzfleisch, die 1722 in 35 Pferdefuhrwerken nach Weimar verbracht worden war. Insgesamt wurden rund 118.000 Bücher mehr oder weniger beschädigt geborgen. Weitere als "Brandbücher" bezeichnete 37.000 Bände mit gravierenden Wasser- und Hitzeschäden und als "Aschebücher" jene etwa 1,2 Millionen erhaltenswerte Blätter, die aus dem Brandschutt der zweiten Galerie des Rokokosaales mit Baggern geborgen wurden. Die DSD fördert dank zweckgebundener Spenden insbesondere die Restaurierung geschädigter Musikalien bzw. handschriftliche Notenblätter.
Die Bibliothek wurde 1691 von Herzog Wilhelm Ernst mit 1.400 Büchern begründet, die er der Öffentlichkeit zugänglich machte. 1766, unter der Regentschaft Herzogin Anna Amalias zog die gewachsene Bibliothek in ihr eigenes Schloss, in die eigens dafür umgebauten Räume des Grünen Schlosses mit dem dreigeschossigen ovalen Rokokosaal. Herzog Johann Wilhelm I. hatte das - vermutlich wegen der Patina seiner Kupferdächer Grünes Schloss genannte - Gebäude nach seiner Heirat für sich und die Pfalzgräfin Dorothea Susanna bereits 1562 - 1569 erbauen lassen. Der zielgerichtete Ausbau der herzoglichen Büchersammlung wurde betrieben von berühmten Gelehrten, die die Herzöge als Bibliothekare beriefen. In der Regierungszeit von Carl August, Anna Amalias Sohn, wurde die Bibliothek unter Mithilfe Goethes, der die Oberaufsicht hatte, auf einen Bestand von 130.000 Bänden ausgebaut. Heute beläuft sich der Bestand auf knapp 1 Million Bände.
Nach Auflösung des Großherzogtums wurde die Bibliothek 1920 in Thüringische Landesbibliothek umbenannt. Nach der Fusion mit der Zentralbibliothek der deutschen Klassik an den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur entwickelte sich die Bibliothek seit 1969 zur führenden literatur- und geisteswissenschaftlichen Forschungsbibliothek mit einem Schwerpunkt von der Aufklärung bis zur Spätromantik. Anlässlich des 300jährigen Bibliotheksjubiläums im Jahre 1991 wurde die Bibliothek nach ihrer Gönnerin „Herzogin Anna Amalia Bibliothek“ genannt. Das Ensemble – zu dem neben dem Grünen Schloss mit dem Rokokosaal auch der mit einer neogotischen Vorhalle ausgestattete Bücherturm aus dem 16. Jahrhundert sowie der Gentz-Bau und der Courdray-Anbau zählen – ist seit 1998 Teil des UNESCO-Welterbes. Mit ihren neuen unterirdischen Magazinen und dem Bücherkubus gilt die Anna Amalia Bibliothek heute wieder nicht nur als eine der bedeutendsten Forschungsbibliotheken, sondern auch als eine der schönsten.
Seit ihrer Gründung vor 40 Jahren förderte die private Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) 600 Maßnahmen an „Öffentlichen Bauten“. Die 1985 gegründete spendensammelnde Stiftung unterstützt engagierte private, kirchliche und kommunale Denkmaleigentümer beim Erhalt ihrer Bauwerke. Denkmalpflege als staatliche Aufgabe wird dank dieser bürgerschaftlichen Unterstützung zu einem gesamtgesellschaftlichen Auftrag. Die DSD konnte bisher für den Erhalt von 7.400 Denkmalen unserer Baukulturlandschaft mehr als eine dreiviertel Milliarde Euro zur Verfügung stellen und damit ein deutliches Zeichen setzen. |