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Von der Macht und Ohnmacht des Leibes
Freiburg. Das Haus der Graphischen Sammlung zeigt bis zum 28. Januar hundert Radierungen von Rembrandt

Lust und Leid, Macht und Ohnmacht: Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669) hat sich in seinem Schaffen wie kaum ein anderer Künstler dem menschlichen Körper verschrieben. Mit wachsamem, scharfem Blick beobachtet er den Menschen und zeigt, wie verletzlich dieser in seiner körperlichen Verfasstheit ist. Das Haus der Graphischen Sammlung im Augustinermuseum präsentiert mit der Ausstellung „Rembrandt. Von der Macht und Ohnmacht des Leibes. 100 Radierungen“ ab Samstag, 28. Oktober weltbekannte Radierungen des großen Meisters des 17. Jahrhunderts. Die Schau läuft bis Sonntag, 28. Januar 2018.

Rembrandts Darstellungen zeichnen sich durch ihren Verzicht auf Idealisierung aus. Er zeigt den Menschen in all seiner Schwäche, als unvollkommenes Wesen mit einem vergänglichen Körper und begrenztem Erkenntnisvermögen. Nicht das Schöne interessiert ihn, sondern das Echte, das Lebendige.

Unter den hundert ausgewählten Blättern finden sich Selbstporträts, Genrebilder, biblische Szenen des Alten und Neuen Testaments sowie mythologische Darstellungen und Landschaften. In seinen Selbstporträts erprobt Rembrandt immer wieder neue Rollen und studiert Gesichtsausdrücke. Mal sieht er uns mit weit aufgerissenen Augen erschrocken an, mal tritt er als Edelmann seiner Zeit auf. Mit seinen Genrebildern widmet er sich scheinbar banalen Alltagsszenen. Sein besonderes Interesse gilt dabei Menschen am unteren Rand der Gesellschaft, Bettlern und Schaustellern. Er konfrontiert die Betrachterinnen und Betrachter mit teils drastischen Motiven. So schreckt er nicht davor zurück, einen urinierenden Mann und ein Paar beim Geschlechtsakt zu zeigen. Selbst Christus stellt er in seiner Menschlichkeit dar, anstatt ihn zu überhöhen.

Rembrandt ist ein Meister der Radierung. Bei dieser Tiefdrucktechnik wird die Zeichnung in eine weiche Abdeckschicht auf einer Metallplatte gekratzt und dann durch ein Ätzverfahren vertieft. In Kombination der Ätzradierung mit der sogenannten Kaltnadel gelingen Rembrandt beeindruckende Effekte. Insbesondere in der Gestaltung von Hell und Dunkel zeigt sich sein Können. Rembrandt bearbeitet seine Platten teils mehrmals, so dass von einigen Motiven verschiedene Zustände erhalten sind. Für ihn ist die Radierung auch ein Medium des Experimentierens. Die Entstehung eines Kunstwerkes versteht er als Prozess, in dem auch Fehler möglich sind.

1606 in Leiden geboren, hat Rembrandt van Rijn Zeit seines Lebens die Niederlande nicht verlassen. Mit einer eigenen Werkstatt in Amsterdam war er bereits früh erfolgreich. In den späten 1630er Jahren erreichte seine Karriere ihren Höhepunkt. Später entwickelten sich sein spezifischer Stil und der Geschmack der Auftraggeber auseinander, so dass der einst gefragte Künstler schließlich Konkurs ging. Als Rembrandt 1669 starb, hatte er bereits den Tod seiner ersten Ehefrau, seiner Lebensgefährtin und seines Sohnes erlebt. In vielen seiner Radierungen mag sich auch dieses tragische Schicksal widerspiegeln.

Die Ausstellung ist eine Kooperation des Augustinermuseums mit den Kunstsammlungen der Veste Coburg, aus deren Bestand die hundert Druckgraphiken Rembrandts stammen. In Coburg ist die Schau im Sommer 2018 zu sehen. Die Ausstellung hat Professor Jürgen Müller von der Technischen Universität in Dresden konzipiert. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Michael Imhof Verlag, herausgegeben von Jürgen Müller und Jan-David Metzel.

Das Haus der Graphischen Sammlung, Salzstraße 32, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Unter 18 Jahren, für Mitglieder des Freundeskreises Augustinermuseum und mit Museums-PassMusées ist er frei.
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Eintrag vom: 27.10.2017  




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