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Die 80er – Sie sind wieder da!
© Badisches Landesmuseum, Foto: Peter Gaul
 
Die 80er – Sie sind wieder da!
Erlebnisausstellung im Badischen Landesmuseum
bis 25. Februar 2024, Schloss Karlsruhe

Vom Gameboy und dem Zauberwürfel bis hin zu Anti-Atomkraft-Protesten und dem Mauerfall – die 1980er sind ein Jahrzehnt voller Extreme, Umbrüche und Innovationen. Nun sind sie wieder da: in der Erlebnisausstellung „Die 80er“ des Badischen Landesmuseums ab 17. Juni im Schloss Karlsruhe. Die Jahrzehnte-Schau blickt in eine Ära, in der unsere Gegenwart noch Zukunft war. Die Besucherinnen und Besucher tauchen ab in ihre Jugend und erleben die eigene Geschichte aufs Neue. Zudem können sie ihre Erfahrungen und liebsten Stücke aus dieser Zeit in die Ausstellung einbringen und mit anderen teilen.

„Die 80er sind eine gemeinsame Erinnerungsleistung. Das Museum schafft das nicht alleine. Um möglichst viele Perspektiven des Jahrzehnts sichtbar zu machen, braucht es auch viele Stimmen“, so der Appell von Kuratorin Brigitte Heck. Zusammen mit Gastkurator Martin Wacker und vielen anderen Projektbeteiligten hat sie die Ausstellung auf die Beine gestellt. Und sie lädt Besucherinnen und Besucher dazu ein, sich als Zeitzeugen aktiv zu beteiligen: Sei es der Gameboy, der im Jugendzimmer fester Bestandteil war, oder der Walkman, der mit den Hits der 80er Jahre heiß lief – Objekte und Geschichten, die im eigens dafür eingerichteten Erinnerungslabor erzählt werden können, sind willkommen. So leben die Erinnerungen an das Jahrzehnt gemeinsam wieder auf.

Auch damalige Akteure der Region Karlsruhe bringen sich mit ihren künstlerischen Arbeiten aktiv ein: Andreas Hella reinszeniert eine Wandmalerei der 80er im Ausstellungsraum. Sein Werk versetzt in die Atmosphäre der ehemaligen Karlsruher Disco K5 in der Kronenstraße. Auch die Werke des Hannoverschen Fotografen Burkhardt ED Rump widmen sich dem wilden Lebensgefühl von damals und durchfeierten Partynächten. Neben dokumentarischen Fotografien bereichern zahlreiche Leihgaben und Kultobjekte die 80er-Jahre-Schau. Sie stammen unter anderem von Prominenten, die das Jahrzehnt in BRD und DDR geprägt haben. Das T-Shirt der heutigen Landesbischöfin Heike Springhart mit der Aufschrift „Ich bin ein Störfall!“ ist ein prägnanter Ausdruck der Anti-Atomkraft-Proteste. Die Gitarre von Udo Lindenberg, das Schlagzeug von Punk-Ikone Elke Käthe Kruse und die Lederjacke von Scorpions-Sänger Klaus Meine stehen für unvergessliche Rockkonzerte, aber auch für die politische Sprengkraft der Musik. Und selbst Steffi Grafs Goldmedaille für den Golden Slam zeigt, wie politisiert die 80er waren – sogar im Sport. Es ist die Zeit des Kalten Krieges, der Olympia-Boykotte und der Moment, in der sich die Gesellschaft mutig zu einer protestierenden Öffentlichkeit entwickelt: gegen Aufrüstung, Umweltverschmutzung und die Reformunwilligkeit erstarrter Systeme.

Der erste Bereich der Ausstellung ist daher dem asphaltierten Stadtraum der 80er gewidmet, in dem jene Konfrontationen und Konflikte ausgetragen werden. Es geht um eine neue Architektursprache, Hausbesetzungen, aber auch erste Einflüsse der Hip-Hop-Szene und der Graffiti-Kunst, die das damalige Stadtbild prägen. Das Team des Hip Hop Kulturzentrums Combo aus Karlsruhe bringt Farbe an die typisch-grauen Beton-Wände. Diese Zeit erscheint vergangen und ist zugleich hochaktuell: Wohnraum-Knappheit, städtische Versiegelung und grüne Energie sind Themen, welche die Menschen der 80er bewegten und uns nach wie vor beschäftigen. Ein Mauerbruch steht am Übergang zum zweiten Ausstellungsraum: Die streitende, streikende und demonstrierende Öffentlichkeit ist hier das Thema – und politische Debatten werden erneut aufgerollt.

Knallig-poppige Farben, wildgemusterte Tapeten und punkige Musik versetzen schließlich in den privaten Bereich und das häusliche Umfeld. Besucherinnen und Besucher schwelgen in vergangenen Musik- und Kinowelten: Sie sehen Schallplatten-Cover, Plakate von Blockbuster-Filmen und erinnern sich an Konzerterlebnisse. Und an große Reiseabenteuer: Eine ganze Generation erobert mit Interrail und Rucksack die Welt. In der grafischen Gestaltung der Erlebnisausstellung zieht sich das Quadrat thematisch durch – typisch für den bunten Zauberwürfel oder die frühe Pixelgrafik von Pac-Man, Mario Bros und Tetris. Es ist die Geburtsstunde der elektronischen Unterhaltung. Das Telefonieren ist zwar noch kabelgebunden, gleichzeitig kommen erste Computer und Gamingkonsolen auf.

Die 80er sind ein widersprüchliches Jahrzehnt, in dem Proteste gegen Konsum laut werden und gleichzeitig konsumiert wird, wie nie zuvor in der Geschichte. Mediale Trends und Freizeitvergnügungen werden über den ganzen Globus vermarktet und führen zu der extremen Individualisierung der Gesellschaft von heute. Der nostalgische Rückblick auf die Zeit von damals lässt vieles im neuen Licht erscheinen. Die 1980er – wie waren sie? Eine eindeutige Antwort kann und will die Ausstellung nicht geben. Ausgewählte Objekte, Bilder, Ereignisse und Erfahrungen setzen jedoch ein buntes, spannungsvolles und auch widersprüchliches Mosaik dieses Jahrzehnts zusammen, das Kinder der 80er und spätere Generationen zum gemeinsamen Diskutieren, Erinnern und Ergänzen einlädt.

Schloss Karlsruhe
Di–So, Feiertage 10–18 Uhr
12 Euro / erm. 9 Euro

Das Magazin zur Erlebnisausstellung ist erhältlich unter:
shop.landesmuseum.de (Museumsausgabe: 6 Euro).

Gefördert mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

zum Bild oben:
Kassettenrecorder „Super Sound“, RR 240, Hersteller: Grundig Aktiengesellschaft, 1988, Fürth (BRD), Badisches Landesmuseum
© Badisches Landesmuseum, Foto: Peter Gaul
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Eintrag vom: 09.08.2023  




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